ROTTENBURG. Wäre die Fastnacht eine närrische Form der Monarchie, dann könnte man von einem Hochadelstreffen sprechen. Drei Tage lang hielt Rottenburg Hof, feierte zusammen mit historischen Gruppen der Landschaft Neckar-Alb den 100. Gründungstag der Narrenzunft – der ersten im Landkreis Tübingen.
Über 7.500 Akteure der altehrwürdigen Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte – dem größten und im diesjährigen 101. Jahr auch ältesten Dachverband zur Pflege dieses Kulturguts – kamen mit ihren alten Maskengruppen in die Bischofsstadt. Rund 25.000 Besucher ließen sich das einmalige Wochenend-Spektakel mit dem Höhepunkt eines dreistündigen Umzugs am Sonntag bei prächtigem Winterwetter nicht entgehen.
Auf den Rundkurs durch die Altstadt zogen 45 Gruppen, allesamt jeweils von einer Kapelle oder einem Fanfarenzug begleitet. Ein Teil von ihnen war bereits am Vortag angereist und hatte auf allen denkbaren Plätzen nicht nur gefeiert, sondern Kostproben des fastnächtlichen Brauchtums gegeben. Wie die Weingartener Plätzler, die mit ihren Karbatschen auf dem Marktplatz vor großer Zuschauerkulisse schnellten. Hingucker waren vor allem die aus Tausenden von Stofffleckla zusammengenähte Häser der Zünfte aus Schömberg oder der Bodenseeregion wie die Blätzlebuebe aus Konstanz. Eine Augenweide auch die Hansel aus Schwenningen mit ihren bemalten Leinengewändern, plissierten Rüschen und Geschell.
Mindestens bis ins Jahr 1350 zurück lassen sich fastnächtliche Bräuche in Rottenburg belegen. Verehrt wird noch heute die vor 550 Jahren residierende Gräfin Mechthild, Mutter des württembergischen Herzogs Eberhard im Bart. Die hatte am Neckar einen »Musenhof« eingerichtet und verstand es »köstliche Vasnachten« zu feiern. Das vom Katholizismus geprägte Rottenburg mit dem Westteil des Kreises Tübingen gehörte zwischen 1381 und 1805 zu Österreich; weswegen am Wochenende auch viele weitere ehemalige Zünfte aus Vorderösterreich am Neckar aufliefen. (mey)