JETTENBURG/NEW YORK. Die Jettenburger Friseurin Christine Huiss reiste im September nach New York. Die 64-Jährige übernahm mit 24 weiteren Friseuren aus Deutschland das Haarstyling für internationale Designer wie Richie Rich auf der Fashion Week. Für sie sei es auch mehrere Wochen später unbegreiflich: »Ich war ja auf der New York Fashion Week.«
Im Oktober 2024 hatte sich Huiss für das Projekt des deutschen Friseurkollektivs Grenzenlos und des US-Hairstyling-Unternehmens Unite beworben. Die Kooperation dient als das Karrieresprungbrett für außergewöhnliche Talente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Zusage für die New York Fashion Week war Anfang des Jahres eingetroffen. Darauf hatte ein Bootcamp mit Star-Stylist Narad Kutowaroo gefolgt. Geld bekämen die Stylisten für ihre Arbeit in New York nicht, betonte Huiss. »Es ist mehr gedacht als eine Art Eintrittskarte, um berühmt zu werden.«
Die bunten Lichter sowie die Menschenmengen der Stadt begrüßten die Friseure aus Deutschland. »Es war der Wahnsinn«, erzählte Huiss. Sie sah New York zum ersten Mal. Der Time Square unterschied sich stark von ihrer Heimat. Doch davon ließ sie sich nicht entmutigen. Am nächsten Morgen ging es direkt los. Wann Huiss und ihre Kollegen gebraucht wurden, wurde immer kurzfristig gesagt - teilweise um 12 Uhr nachts. Aufgestanden wurde bereits um vier Uhr morgens. Das Team startete an der ersten Location gegen sechs Uhr. In der Stadt waren sie zu Fuß oder mit der U-Bahn unterwegs. Huiss wirkte bei bis zu vier Shows pro Tag mit, Feierabend machte sie gegen zehn Uhr. »Es war gut, aber auch anstrengend!« Die 64-Jährige war die Älteste im Team und sagte, dass sie nicht wie die jüngeren Friseure bis zum Ende bleiben müsse.
Styling in den Katakomben einer Synagoge
Christine Huiss sagte, dass ihr Team wiederholt für Shows in einer Synagoge gebucht wurde. Das Styling fand in den Katakomben der Location statt. Es gab einen straffen Zeitplan und genaue Vorgaben. Fotos dienten als Vorlage. Huiss hatte Bedenken aufgrund ihrer Englischkenntnisse. Doch Übersetzer waren vor Ort. Freudig reagierte die Friseurin dennoch, als sie auf ein deutsches Model traf. Die 64-Jährige erzählte, dass die Designer öfter ihre Meinung änderten. Sie und ihr Team stylten Hollywoodwaves, kurz darauf sollte es stattdessen ein Dutt werden. Letztendlich wollte der Designer doch die Hollywoodwaves.
»Teilweise arbeiteten fünf Leute an einem Kopf«, erinnerte sich Huiss. Der eine fixierte die Frisur, der andere sprühte Haarspray, der Nächste gab die Klammer. So meisterten die deutschen Friseure Herausforderungen gemeinsam. Nach dem Styling der Models durften Huiss und ihre Kollegen auch ihr Werk auf den Laufstegen betrachten. Die deutschen Friseure stylten für eine Show die Sängerin Ramilia. Zu dritt arbeiteten sie an der Hochsteckfrisur. »Sie war richtig begeistert«, sagte Huiss stolz.
Einmal wurde eine Show abgesagt, sodass das Team den Vormittag frei hatte. Nach einem typisch amerikanischen Frühstück wollten sie sich das Empire State Building anschauen. Huiss schaute sich New York aufgrund ihrer Höhenangst nicht von der Plattform des 102. Stockwerkes an. Sie entschied sich für etwas Ruhe, bevor gegen zwei Uhr eine weitere Show anstand. Für das Styling bereit zu sein, sei ihre Priorität.
Auf die Frage, was als Nächstes für die Friseurin aus Jettenburg anstehe, antwortete sie: »Die Fashion Week in Paris würde mich noch reizen!« Von Kollegen hatte sie erfahren, dass die französische Hauptstadt etwas ganz anderes sei als New York. Noch einmal in New York zu arbeiten, könne sie sich aufgrund der langen Anreise nicht vorstellen. Sie habe dennoch viel gelernt, vor allem verbesserte sich ihre Schnelligkeit beim Stylen. Schon im August betonte die 64-Jährige: »Ich will zeigen, dass es nie zu spät ist, Großes zu wagen.« Fertig scheint sie damit tatsächlich noch nicht zu sein (GEA).



