PFULLINGEN. An der Schloss-Schule in Pfullingen gibt es viele Schüler mit ausländischen Wurzeln. Für »ZmS« berichten Achtklässler auf sehr persönliche Weise.
Mein Leben als Deutsche mit kroatischen Wurzeln: Mein Name ist Ann-Katrin Marovic. Geboren wurde ich in Reutlingen, wie auch meine drei Geschwister. Meine Mutter wurde ebenfalls in Deutschland geboren. Meine Großeltern mütterlicherseits haben über 25 Jahre hier gelebt. Jetzt leben sie wieder in Kroatien. Mein Vater kam mit zwei Jahren hier her und seine Mutter lebt auch noch in Pfullingen.
Manchmal ist es schwierig für mich, zu entscheiden, was ich bin: Deutsche oder Kroatin? In Deutschland werde ich als Ausländerin gesehen und in Kroatien sehen mich die Leute als Deutsche. Wo gehöre ich hin? Was bin ich? Das gleiche Problem haben meine Eltern auch. Sie haben ein Restaurant mit deutsch-kroatischer Küche. Das finde ich toll. Da esse ich, worauf ich gerade Lust habe. Entweder Schnitzel mit Käsespätzle oder die leckeren Cevapcici. Eines muss ich zugeben: Wenn Kroatien gegen Deutschland Fußball spielt, bin ich für Kroatien. Ich finde es toll, wenn die Spieler eines so kleinen Landes mit vier Millionen Einwohnern mit Herz und Seele für ihr Land spielen. Ich liebe beide Länder und beherrsche die Sprachen sowie die jeweiligen Bräuche und Traditionen. Im Moment kann ich meine Zukunft in beiden Ländern sehen.
Ann-Katrin Marovic, Klasse 8b Die Flucht meiner Oma aus dem Kosovo nach Deutschland: Viele Menschen sind aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen. Ich habe meine Oma nach ihren Gründen gefragt, ihr Land zu verlassen. Sie ist vor dem Jugoslawienkrieg aus dem Kosovo nach Deutschland geflüchtet. Der Krieg ging von 1991 bis 1995.
»Ich weiß nicht, ob ich noch leben würde, wäre ich im Kosovo geblieben«
Meine Oma meinte, es sei schrecklich gewesen: »Serbische Soldaten und Polizisten haben Menschen diskriminiert, geschlagen und getötet. Es gab viele Ausgangssperren von 20 bis 5 Uhr früh. Wenn man diese Zeiten nicht eingehalten hat, wurde man getötet oder gefoltert. Auch tagsüber haben sie uns verboten, in die Schule oder zur Arbeit zu gehen. Ständig hatten die Menschen Angst, man konnte es ihnen ansehen. Von Tag zu Tag wurde es schlimmer. Aus Angst um mein Leben und das meiner Tochter habe ich mich entschlossen, das Land zu verlassen. Ich weiß nicht, ob ich heute noch leben würde, wäre ich im Kosovo geblieben.«
Die meisten Sachen, die mir meine Oma erzählt hat, wusste ich nicht. Ich bin erschrocken, wie damals das Leben dort war. Ich persönlich könnte mir so ein schweres Leben nicht vorstellen. Ich fragte meine Oma, wie es dann in Deutschland war. Sie sagte: »Ich habe hier ein neues und sicheres Leben für meine Kinder und mich aufgebaut. Mittlerweile habe ich mich sehr gut integriert und könnte mir nicht vorstellen, woanders zu leben.«
Anastasios Michailidis, Klasse 8b Rassismus: Rassisten nehmen Menschen und teilen sie in Gruppen ein nach Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder ähnlichem. Und dann sagen die Rassisten: »Dieser Mensch oder diese Gruppe macht dies oder das anders.« Und das andere ist für die Rassisten immer negativ. Die eigene Gruppe wird für besser, klüger, überlegen gehalten. Und deshalb, so die Logik der Rassisten, darf man die anderen unterdrücken oder sogar Gewalt gegen sie anwenden. Die Idee, Menschen in Rassen einzuteilen, ist schon sehr alt. Auch die Europäer rechtfertigten damit in der Vergangenheit oft ihre Politik.
Heute sprechen selbst die Rassisten oft nicht mehr von Rassen. Sie sagen »kulturelle Identität« dazu, sprechen von Volk oder Nation und behaupten, man müsse sie strikt voneinander getrennt halten wegen ihrer »natürlichen Verschiedenheit«. Der Rassismus stellt nicht nur eine Rasse über die andere, sondern auch die Rasse über das Individuum. Dabei sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen viel größer als die Unterschiede zwischen den Rassen. Wenn es überhaupt noch Rassen gibt, dann ist jeder Mensch eine eigene Rasse. (ZmS)
Mikail Aysüt und Georgios Zervos, Klasse 8a