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Aktuell Promi-Gast

Weniger Autos, mehr Busse und Züge

Im Gespräch mit dem Verkehrsminister: ZmS-Teilnehmer berichten vom Treffen mit Winfried Hermann

REUTLINGEN. Rund 120 Schülerinnen und Schüler hatten bei einem Besuch des baden-württembergischen Verkehrsministers Winfried Hermann im HAP-Grieshaber-Gymnasium am Bildungszentrum Nord in Reutlingen-Rommelsbach eineinhalb Stunden lang die Gelegenheit, den Grünen-Politiker zu wichtigen Themen zu befragen. Nachdem GEA-Chefredakteur Hartmut Troebs und BZN-Konrektor Markus Fuhrich den prominenten Gast begrüßt hatten, durften Schüler der Klassen 9a und 9c des Grieshaber-Gymnasiums ihre gut vorbereiteten Fragen zu aktuellen Themen stellen. Das Interview führten Eren Ünal (9a), Lisa Schliemann (9a), Leonie Stehr (9a) und Simon Baumgardt (9c). Die letzte halbe Stunde hatten dann alle interessierten Schüler aus dem Publikum die Chance, sich mit ihren eigenen Fragen an den Minister zu wenden. Im Folgenden geben wir ausgewählte Passagen des Interviews im Wortlaut wieder.

Sehr geehrter Herr Minister, haben Sie sich schon in Ihrer Kindheit für Politik und speziell für den Verkehr interessiert?

Winfried Hermann: Tatsächlich habe ich mich schon ziemlich früh mit Politik befasst. Allerdings gab es für mich damals als Kind nur die CDU. Ich erinnere mich, dass ich ganz früh, ich glaube, da war ich noch nicht einmal in der Schule, Wahlkampfaktionen im Namen der CDU gemacht habe, indem ich immer mit Kreide auf den Gehweg gemalt habe.

Im Kampf gegen die Luftverschmutzung wird immer wieder auf die wichtige Rolle des öffentlichen Nahverkehrs hingewiesen. Wie wollen Sie mehr Menschen zum Umsteigen auf Bus und Zug bewegen?

Hermann: Als Land sind wir zuständig für den Schienenpersonennahverkehr. Da unternehmen wir große Anstrengungen, dass es in den nächsten Jahren auf den Strecken zum Beispiel von und nach Tübingen, Reutlingen und Stuttgart viele neue Züge geben wird, die sehr schön gestaltet sind, die selbstverständlich W-LAN haben, die klimatisiert und behindertengerecht ausgestattet sind und die auch Platz haben für Fahrräder. Damit sorgen wir für ein deutlich besseres Angebot. Die Regionalzüge werden mindestens im Stundentakt, in den Hauptverkehrszeiten und auf Strecken mit vielen Fahrgästen im Halbstundentakt fahren.

»Wir finden es wichtig, dass Ihr auch abends mit einem sicheren öffentlichen Vekehrsmittel fahren könnt«

Und die Busse?

Hermann: Wir investieren Schritt für Schritt mehr in den Öffentlichen Personennahverkehr auf der Straße. Dazu gehören die Busse, für die die Landkreise zuständig sind. Diese sollen von 2021 an mehr Geld vom Land dafür bekommen. Denn auch die Busse müssen eine hohe Qualität haben, damit man gerne den Bus nimmt. Die Busse werden auch häufiger fahren. Denn es ist wichtig, dass auch junge Menschen, die kein Auto haben und deswegen abends nicht weg können, weil sie nachts nicht mehr heimkommen würden, trotzdem eine sichere Fahrmöglichkeit haben. Wir wollen nämlich nicht, dass der Eine, der einen Führerschein hat, alle fahren muss. Auch deshalb, weil es leider häufig passiert, dass sich schwere Unfälle ereignen, weil man zum Beispiel getrunken hat. Wir finden es deswegen wichtig, dass Ihr auch abends, wenn Ihr weggehen wollt, mit einem sicheren öffentlichen Verkehrsmittel fahren könnt.

Wie sieht es denn mit der Luftverschmutzung aus und wie kann diese reduziert werden?

Hermann: Reden wir mal über Reutlingen. In Reutlingen ist die Luftverschmutzung ein sehr gravierendes Problem. Glücklicherweise wurde Ende Oktober der Scheibengipfeltunnel eröffnet, wodurch ein Teil des Verkehrs an Reutlingen vorbeifährt und nicht mehr über die Hauptachse Lederstraße und am Bahnhof vorbei muss, wo die Grenzwerte an der Messstation nicht eingehalten werden. Jedoch haben wir ausgerechnet, dass rund 15 000 Autos weniger auf der Lederstraße fahren müssten, damit die Grenzwerte eingehalten werden. Jetzt steht man natürlich vor der Frage: Wie schafft man es, dass dort 15 000 Autos weniger durchfahren? Eine Idee war, eine Fahrspur für die Autos wegzunehmen, auf der dann die Busse fahren. Dadurch würde der Verkehr reduziert, aber es fehlt derzeit noch ein Gesamtkonzept, in das eine solche Maßnahme integriert sein müsste. Vorerst haben wir mit der Stadt vereinbart, dass sie sowohl die Radwege als auch den Busverkehr ausbaut und wenn das alles wirkt, könnte eine Autospur zurückgenommen werden. Falls das alles nicht klappt, schlagen wir vor, eine blaue Plakette einzuführen, die es aber bisher noch nicht gibt. Die allermeisten Autos besitzen derzeit eine grüne Plakette, die zeigt, dass das Auto eine bestimmte Abgasreinigungsstufe hat. Die blaue Plakette würden nur diejenigen Fahrzeuge bekommen, die besonders wenig Stickoxide ausstoßen. Die Konsequenz daraus wäre, dass Autos, deren Abgasreinigung zu schlecht ist, in einer blauen Umweltzone nicht fahren dürften. Über die blaue Plakette wird derzeit öffentlich heftig gestritten. Damit auch Besitzer älterer Autos mit hohem Schadstoffausstoß eine blaue Plakette bekommen können, müssten sie zuvor die Abgasreinigung in ihrem Fahrzeug deutlich verbessern lassen, um die entsprechenden Grenzwerte einzuhalten. Wird Elektromobilität dabei helfen, die Luft weniger zu verschmutzen?

Hermann: Ja! Der Vorteil von Elektroautos ist, dass sie beispielsweise kein Stickoxid ausstoßen. Und auch Feinstaub produzieren sie nicht in dem Maße wie Autos mit Verbrennungsmotor. Wichtig wäre allerdings, dass der Strom, mit dem die Batterien der E-Autos geladen werden, aus erneuerbaren Quellen wie Wind-, Wasserkraft oder Sonnenenergie gewonnen wird. Für saubere Luft wäre es deshalb besser, wenn mehr Leute auf Elektroautos umsteigen würden. Jedoch haben wir festgestellt, dass das viel schneller passieren müsste als momentan. Es müssten beispielsweise in der Region Stuttgart mindestens die Hälfte aller Fahrzeuge elektrisch sein, damit die Luftverschmutzung spürbar sinkt.

Auf diese Themen folgten weitere spannende Fragen. Als auch die letzten gestellt waren, gab es ein Schlusswort vom »Zeitung macht Schule«-Team des GEA, das diese Veranstaltung möglich gemacht hatte. Unsere Deutschlehrerin Brigitte Fritz-Wais überreichte dem Minister einen guten regionalen Wein und vom ZmS-Team gab’s einen Geschenkkorb obendrauf – als Dank dafür, dass er sich so viel Zeit für uns genommen hat. Die vier Interviewer bekamen ein kleines Präsent vom GEA dafür, dass sie sich so große Mühe gegeben und sich solch spannende Fragen überlegt hatten. Nach einem großem Applaus zum Abschluss haben sich die Schüler wieder zu ihrem regulären Unterricht begeben. (ZmS) Josias Decker und Marie Backmund, HAP-Grieshaber-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9a