Meistens da, wo man\qs nicht sieht
Sie findet dort statt, wo man normalerweise Geborgenheit finden sollte - zu Hause. Zumeist sind Frauen von dieser Art Gewalt betroffen. Jürgen Baumgardt, Polizeikommissar beim Polizeirevier in Reutlingen und zuständig für die Bearbeitung dieser Delikte, rät allen Betroffenen, bei der Polizei eine Anzeige zu machen.
Der Gewalt im sozialen Nahraum begegnet man in allen Gesellschaftsschichten. Es gibt verschiedene Gründe: Eifersucht, finanzielle Probleme, Alkoholsucht, Scheidungen. Und auch die Art der Misshandlungen ist unterschiedlich. Sie reichen von Schlägen über Fußtritte bis hin zu Verletzungen durch Gegenstände - alles kommt vor. Sogar Schnittwunden werden zugefügt, die teilweise auch lebensgefährlich sind.
Ziel, eine Lösung zu finden
Das Ziel der Polizei ist nicht die Beziehung zu beenden, sondern eine Lösung zu finden, um die geschädigte Beziehung zu retten. Meistens läuft es bei einem solchen Einsatz wie folgt ab:
Die Frau meldet sich über Notruf bei der Polizei und gibt an, dass ihr Mann ihr gegenüber gewalttätig geworden sei.
Daraufhin fährt eine Polizei-Streife zum »Tatort«, um nachzuschauen, was dort genau vorgefallen ist, um dann zu entscheiden, ob ein sogenannter »Platzverweis« angebracht ist. Dies bedeutet, dass der Täter die Wohnung verlassen muss und über einen gewissen Zeitraum nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurück darf. Das Ordnungsamt entscheidet, wie lange ein Platzverweis gilt. Je nach Gefährdung kann er 14 Tage andauern, oder sogar noch länger.
In dieser Zeit hat das Opfer Zeit, zu entscheiden, ob der Peiniger wieder in die gemeinsame Wohnung zurück darf. Es wird aber immer empfohlen, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Dort bekommen Täter und Opfer eine qualifizierte Beratung und Hilfe. Der Ort und die Telefonnummer von solchen Beratungsstellen können bei der jeweiligen Polizeidienststelle erfragt werden. Denn oft fühlt man sich allein, weil man nicht weiß, mit wem man reden kann.
Die Kinder leiden
Für Kinder ist die Situation im Falle von häuslicher Gewalt eine sehr große psychische Belastung - wenn sie nachts aufwachen und hören, wie Mama und Papa sich anschreien, oder wenn sie morgens wach werden und Mama mit geschwollenem Gesicht vor ihnen steht.
Solche Vorfälle tragen dazu bei, dass die Kinder traumatisiert werden. In solchen Fällen wird empfohlen, nach dem Platzverweis mit den Kindern einen Mitarbeiter des Jugendamtes aufzusuchen. Dieser kann Unterstützung bieten.
Auf den Täter kommt zumeist ein Strafverfahren wegen Körperverletzung zu. Er muss sich unter Umständen vor Gericht für seine Tat verantworten.
Die statistischen Daten und Zahlen im Bereich »Gewalt im unmittelbaren sozialen Umfeld« erschüttern: 310 Fälle im Jahr 2005 im Stadtgebiet Reutlingen. In 43 dieser 272 Fälle wurde ein Platzverweis ausgesprochen. In 33 wurde der Platzverweis auf 14 Tage erhöht. (ZmS)
Mario Bitz, Alisia Bitz, Patricia Kussmann, BZN Gymnasium Reutlingen, Klasse 10c