REUTLINGEN. Für »echte« Anleger war das Börsenjahr 2017 kein schlechtes. »Mit einem Plus von 13,2 Prozent war der Dax ganz gut unterwegs«, bilanzierte Benedetto Gianni. Als Mitarbeiter der Private-Banking-Abteilung bei der Kreissparkasse Reutlingen kennt er sich an den internationalen Finanzmärkten aus. Einen kleinen Einblick in den Weltwirtschaftskosmos und seine Mechanismen gab er gestern für über 40 Schüler, die nicht nur beim GEA-Projekt »Zeitung macht Schule«, sondern auch beim Planspiel Börse am Start waren.
Und für die war’s gar nicht so einfach, ihr virtuelles Startkapital von 50 000 Euro zu mehren. Von 21 Teams waren am Ende nur neun in der Gewinnzone. Warum? Weil der Dax ausgerechnet im Spielzeitraum von Ende September bis Mitte Dezember nicht zum erwarteten Jahresendspurt ansetzte, sondern im Gegensatz zu den Vormonaten ziemlich schwächelte. 3,73 Prozent Plus machte der Index im letzten Quartal – immer noch besser als ein Minus, gemessen am Jahresdurchschnitt von 13,2 Prozent aber trotzdem eher mau. Wohl denen, die am amerikanischen Markt investierten: Der Dow Jones glänzte 2017 mit einem Plus von 17,92 Prozent, im Spielzeitraum waren’s immerhin noch 7,65 Prozent.
Überflieger Lufthansa
Warum knapp drei Monate Planspiel und langfristige Investitionen in Aktien im echten Leben zwei völlig verschiedene Welten sind, zeigte Benedetto Gianni anhand der Top- und Flop-Aktien im Spielzeitraum. Wer auf die Lufthansa gesetzt hatte, hob in den vergangenen Wochen buchstäblich ab – schuld war die Air Berlin-Pleite. »Ein Konkurrent weniger belebt das Geschäft«, erläuterte der Fachmann. Auch mit Porsche, dem indischen Stahlkonzern Arcelor Mittal und Wacker Chemie konnten die Teilnehmer des Planspiels satte Gewinne machen. Gar nicht gut lief’s in den letzten zwei Monaten für den Elektro-Konzern General Electrics, den Handyhersteller Nokia, das Schuh-Label Geox und den Satellitenbetreiber SES. Über einen längeren Zeitraum betrachtet allerdings sehen die Kurven, die Gianni zeigte, völlig anders aus: Mit Nokia etwa konnte ein realer Anleger, der seine Aktien vor fünf Jahren gekauft und gehalten hat, einen Gewinn einfahren, dasselbe gilt für Geox.
Die Bundessieger des Planspiels hatten am Ende 60 253 Euro im Depot – unter anderem hatten sie auf Lufthansa gesetzt. Im ZmS-internen Wettbewerb war die Amazon-Aktie diejenige, die alle drei Top-Teams im Portfolio hatten. Damit waren sie gar nicht so schlecht beraten: »Amazon zieht zu Thanksgiving in Amerika und zum Weihnachtsgeschäft oft an«, so Gianni. Als »solide« bezeichnete der Fachmann die Strategie der Drittplatzierten »Aktien-Crusaders« von der Werkrealschule in Würtingen. Dauerüberwachung der Kurse, überlegte Transaktionen und dementsprechend geringe Gebühren: Am Tag der Abrechnung hatte das Team 51 651 Euro auf dem virtuellen Konto.
Einen wilden »Bauchladen« haben die zweitplatzierten »Money24« vom Johannes-Kepler-Gymnasium mit sich herumgetragen: Mit 90 Transaktionen kauften sich die Schüler, wie Gianni bemerkte, durchs gesamte Alphabet der Unternehmenswerte von A wie Abertis bis Z wie Zalando. Dafür fielen 2 160 Euro an Gebühren an. »Das hab’ ich auch noch nie gesehen«, staunte der erfahrene Banker und verwies auf eine altbekannte Börsenregel: »Hin und her macht Tasche leer.« Trotzdem: Mit 52 569 Euro war »Money24« deutlich in der Gewinnzone.
Auf dem Siegertreppchen der ZmS-Sonderwertung standen die »Rich_Kids«, die ebenfalls aufs »Kepi« gehen. »Mit Konsum zum Sieg«: Gianni analysierte das Depot der Gewinner, das viele Konsumwerte wie Adidas, Amazon, Apple oder Nike beinhaltete. Mit exakt 53 779,20 Euro landen die Siebtklässler im landkreisweiten Ranking zudem auf einem starken vierten Platz und dürfen am 19. Januar deshalb schon zur nächsten Siegerehrung. In der Nachhaltigkeitswertung gewinnt, wer auf ökologisch und sozial agierende Unternehmen setzt. In dieser separaten Kategorie haben neben den »Aktien-Crusaders« auch die »MoneyMakers17«, die es in der klassischen Wertung »nur« auf Platz 14 geschafft haben, gut abgeschnitten – wie gut, erfahren sie ebenfalls am 19. Januar. (GEA)