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Verlust an Reife und Kreativität

BAD URACH. Zur Einführung des achtjährigen Gymnasiums im nächsten Jahr wurde der Schulleiter des Graf-Eberhard-Gymnasiums, Friedemann Schlumberger, befragt. Umstrukturierung, Förderkonzept, Schülerbetreuung und Reaktionen stehen im Vordergrund des ZmS-Interviews.

ZmS: Welche schulischen Veränderungen bringt das G8 mit sich?

Friedemann Schlumberger: Mit der Einführung des G8 wird die Schulzeit um ein Jahr verkürzt, dabei wird die 6. Klasse »rausgeschnitten« und ab 2007 die zweite Fremdsprache, sprich Latein und Französisch, bereits in den 5. Klassen eingeführt. Die Kinder haben zu diesem Zeitpunkt schon Englisch in der Grundschule gelernt. Durch Erhöhen der Unterrichtsstunden von drei bis fünf Stunden in der Woche wird in Zukunft vor allem der Nachmittag beansprucht. Das heißt ab Klasse 8 haben die Schüler an maximal drei Nachmittagen Unterricht. Die Schule soll als ganztägige Bildungseinrichtung dienen, in der den Schülern die Möglichkeit gegeben wird, Mittag zu essen, verschiedene Arbeitsgemeinschaften (AGs) und eine Hausaufgabenbetreuung zu besuchen. Um den Schülern den Schulalltag zu erleichtern, wird mehr Wert auf Projektarbeit und fächerübergreifenden Unterricht gelegt. Für die kommenden 5. Klassen fallen die zentralen Klassenarbeiten in den 10. Klassen weg, stattdessen gibt es in Klasse 6, 8 und 10 in drei Fächern zentral gestellte Arbeiten. Auch die Anzahl von mindestens sechs Klassenarbeiten im Schuljahr wird auf vier gekürzt, was sich aber nicht nur auf die G8, sondern auch auf die noch laufenden G9-Generationen auswirken wird.

Hat das G8 Einfluss auf das Familienleben und die Freizeit der Schüler?

Schlumberger: Das Familienleben wird eingeschränkt, weil die Kinder etwas weniger Zeit zu Hause in der Obhut ihrer Eltern verbringen. Dasselbe gilt auch für die Freizeit der Schüler. Diesem Problem will man Abhilfe verschaffen, indem man versucht, mit den Vereinen zusammenzuarbeiten, sodass den Schülern weiterhin eine Chance gegeben ist, ihre Aktivitäten auszuüben.

Denken Sie, dass die Schüler mit dem Stoffplan überfordert sein werden?

Schlumberger: Die Schule setzt sich als Ziel, die Zeit so zu gestalten, dass jeder Schüler das neue Schulsystem genau so erfolgreich abschließen kann wie das G9. Zudem werden für die Schüler, die gefährdet sind unter die Note Ausreichend zu rutschen, Förderkurse angeboten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Schüler nicht überfordert sind. Als weitere Hilfe bietet die Schule den schlechteren und besseren Schülern Unterstützung, ihre freie Zeit sinnvoll zu nutzen, indem sie, wie bereits vorher erwähnt, in die Hausaufgabenbetreuung gehen können und dadurch unterstützt werden, die acht Jahre erfolgreich abzuschließen.

Wie haben Sie die Stimmung der Schüler und Eltern erlebt, als bekannt wurde, dass nächstes Jahr das G8 eingeführt wird?

Schlumberger: Sowohl Schüler als auch Eltern zeigten gemischte Reaktionen. Die Schüler waren weniger begeistert über die erhöhte Stundenanzahl, begrüßten jedoch das vorgezogene Abitur. Die Eltern zeigten dagegen eine deutlich größere Reserviertheit.

Was bedauern Sie am meisten am neuen Schulsystem?

Schlumberger: Das 13. Lehrjahr bringt einen Verlust an Reife und Kreativität der Schüler. Absolventen verfügen daher nicht über gleiches Wissen wie Schüler, die das neunjährige Gymnasium beendet haben. (ZmS)



Yasmin Greiner, Alisa Sakkaravej, Micha Renz und Florian Heck, Graf-Eberhard-Gymnasiums Bad Urach, Klasse 10b