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Aktuell Zeitung macht Schule

Offen für den Dialog

REUTLINGEN. Jede Woche treffen sich sieben bis neun Mädchen am Sonntag, um über viele verschiedene Themen zu reden. Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen - von Deutschland über Bosnien, Türkei, dem Irak bis nach Bangladesh. Ein echter Multi-Kulti-Treff also. Was die 14- bis 22-Jährigen trotz ihrer sprachlichen und kulturellen Unterschiede verbindet, ist ihre gemeinsame Religion: der Islam.

Denken Sie jetzt an Treffen von radikalen »Schläfern«, an Hasspredigten oder unterdrückte junge Mädchen, die unter Androhung von Schlägen und körperlicher Gewalt den Sonntags-Unterricht besuchen? Falsch gedacht. Die jungen Mädchen organisieren ihren Unterricht, und das, worüber sie sprechen und erzählen wollen, selber.

Jedes Mädchen hat die Möglichkeit, ein Buch seiner Wahl mit den Freundinnen aufzuarbeiten. Der Inhalt dieser Bücher beschränkt sich nicht auf religiöse Themen, sondern befasst sich auch mit Mystik und dem Alltag. Für sie schließt das Erlernen von Religionsdingen Ausgelassenheit und Fröhlichkeit nicht aus. Im Gegenteil: Der Unterricht ist meist locker und entbehrt nicht der Späße.

Muslim in Deutschland

Religiöse Themen sind nicht das einzige, worüber gesprochen wird. Oftmals findet ein reger Austausch über Alltagssituationen im schulischen, familiären und freundschaftlichen Bereich statt, so dass man auch über seine Probleme reden kann. Dies ermöglicht den Mädchen, von Erfahrungen der anderen zu profitieren und hilft, ihre Identität als deutsche Muslime zu stärken.

Jedoch ist es nicht ihr Ziel, sich abzukapseln und zu isolieren. Deswegen nimmt die Mädchengruppe an verschiedenen intellektuellen Veranstaltungen teil, zum Beispiel als Redner an einer Podiumsdiskussion über »Muslime in Deutschland« in Sindelfingen. Dort wurde über die Erfahrungen der muslimischen Mädchen in Deutschland gesprochen.

Thema bei der Veranstaltung: das umstrittene Kopftuch. »Es zählt das, was in meinem Herzen ist, und nicht das, was ich auf meinem Kopf trage«, sagt ein Mädchen dazu. Noch deutlicher dieses Plädoyer: »Man redet groß von Grund- und Menschenrechten, aber wenn es um das Kopftuch geht, scheinen diese nicht mehr zu gelten.«

Für die Zukunft plant die muslimische Mädchengruppe ein gegenseitiges Treffen mit dem Mädchencafé, das sich im Jugendhaus in Reutlingen befindet. Diese Aktion soll das gemeinsame Kennenlernen ermöglichen und fördern, etwaige Vorurteile sollen ein Ende finden können, um schließlich einen fruchtbaren Boden für Dialog entstehen zu lassen. (ZmS)



Maida Hamzic, Friedrich-List-Gymnasium Reutlingen, Klasse 10c