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Aktuell INTERVIEW

Nicht strafen, sondern erziehen

REUTLINGEN. Für »Zeitung macht Schule« hat der Reutlinger Jugendrichter Sierk Hamann eine Sonderschicht eingelegt. Im Amtsgericht stand der Jurist Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Bildungseinrichtungen Rede und Antwort. Die ZmS-Reporter Erdal und Yusuf haben sich mit Sierk Hamann im Anschluss an das Gespräch und die Führung durchs Gericht unterhalten.

So wie sich ZmS-Reporter Valid einen Urteilsspruch vorstellt, läuft es nicht.
So wie sich ZmS-Reporter Valid einen Urteilsspruch vorstellt, läuft's nicht. Foto: Andreas Fink
So wie sich ZmS-Reporter Valid einen Urteilsspruch vorstellt, läuft's nicht.
Foto: Andreas Fink
ZmS: Wann wird das Jugendstrafrecht angewendet?

Sierk Hamann: Das Jugendstrafrecht wird angewendet bei Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren.

Welche Strafen werden im Jugendstrafrecht verhängt?

Hamann: Da gibt es die Jugendstrafe, die aber eher die Ausnahme ist. Ansonsten spricht man hier von Sanktionen. Diese Sanktionen sind nicht als Strafe gedacht, sondern dienen mehr der Erziehung. Das können zum Beispiel Sozialstunden, Arrest, eine Geldstrafe oder eine »Lesestrafe« sein.

»Man kann zwar selten große Dinge bewegen, aber dafür viele kleine Dinge«
Wie werde ich als Ersttäter nach Jugendstrafrecht bestraft?

Hamann: Nicht bestraft, aber erzogen - das ist das große Ziel. Als Ersttäter kommt man nicht unbedingt zu mir, sondern kann auch mit einem »Diversionsverfahren«, also einem erzieherischen Gespräch oder mit einer Auflage von der Staatsanwaltschaft davonkommen.

Wie lange bleibt ein Eintrag im Straf- und Erziehungsregister?

Hamann: Kommt darauf an. Bei einem Erwachsenen dauert das schon Mal fünf Jahre. Bei Jugendlichen gelten andere Fristen, was auch vom Delikt abhängt. Ganz wichtig ist aber, dass nur gelöscht wird, wenn nichts Neues dazu kommt.

Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

Hamann: Ich arbeite ungefähr 42 Stunden in der Woche.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Hamann: Aus Leidenschaft.

Aus Leidenschaft zur Gerechtigkeit?

Hamann: Gerechtigkeit ist so ein schwieriges Wort. Eher aus Leidenschaft zu richtigen, fairen und nachvollziehbaren Entscheidungen. Das macht mir Spaß, weil es mit Menschen und mit Rechtswissenschaft zu tun hat. Außerdem ist es spannend, die Wahrheit herauszufinden. Man kann zwar selten große Dinge bewegen, aber dafür viele kleine Dinge.

Wie viele Verfahren haben Sie pro Woche?

Hamann: Ungefähr 14 bis 15 Verhandlungen pro Woche. Auf jeden Fall zu viele (lacht).

Worüber sind die meisten Strafverfahren?

Hamann: Ich würde sagen: über Körperverletzungen.

Wir bedanken uns bei Herrn Hamann für das Interview. (ZmS)

Erdal Avinik und Yusuf Uzer, Hermann-Kurz-Schule Reutlingen, Klasse 10

www.gea.de/zms