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Mobbing kann man besiegen!

MÖSSINGEN. Ich heiße Julie Kussmaul und bin 14 Jahre alt. Ich möchte über ein ganz besonderes Thema schreiben, das mich leider durch ein Teil meines Lebens begleitet hat: Mobbing. Viele kennen das Wort, verdrängen es aber oder machen sich schlichtweg keine Gedanken darüber. Leider kommt Mobbing häufiger vor als angenommen und am häufigsten in Schulen oder am Arbeitsplatz.

So war es auch bei mir. Ich war damals sechs Jahre alt. Ich habe mich wie die meisten Kinder sehr auf die Grundschule gefreut. Kennt ihr das Gefühl? Ihr seid nun endlich ein Schulkind, ihr bekommt einen Schulranzen und Stifte, ihr freut euch darauf, neue Freunde kennenzulernen und werdet von Tag zu Tag aufgeregter. Genauso ging es mir auch. Bis zu diesem einen Moment, an dem alles begann. Bis zu dem einen Tag, an dem meine Schulzeit zur Hölle wurde.

Ich kam in die neue Klasse und hatte dabei schon ein ganz komisches Bauchgefühl. Ein paar Schüler haben mich schon erwartet. Sie riefen: »Julie, küss das Maul!« Immer wieder. Ich fing an zu weinen. Ich fühlte mich ganz schlecht und verloren. Doch das war nicht alles, nein, es wurde immer schlimmer: irgendwann wollte keiner mehr irgendetwas mit mir zu tun haben. Bei einer Partner- oder Gruppenarbeit war ich entweder alleine oder ich durfte nie etwas sagen.

»Es war für mich wie ein Albtraum«
Irgendwann fingen sie an, mir meine Stifte wegzunehmen und wurden immer ausfälliger und böser. Es war für mich wie ein Albtraum. Auch auf dem Pausenhof saß ich immer alleine auf einer Bank und aß mein Pausenbrot. Es wurde sogar so schlimm, dass ich Angst vor der Schule bekam. Sie lachten mich aus. Ich wollte unbedingt mit meiner Mutter darüber reden, aber auf der anderen Seite hatte ich auch Angst, dass ich dann eine Petze bin. Genau das ist das, dass die Opfer oft denken, dass sie Petzen wären, wenn sie sich Hilfe holen, doch das stimmt nicht. Man sollte sogar Hilfe holen, denn wenn man keine holt, dann wird es immer schlimmer und man kommt alleine nicht mehr damit zurecht.

Doch zurück zur meiner Geschichte. Ich wollte, dass es ein Geheimnis bleibt. Doch dieses Geheimnis wurde nach und nach gelüftet. Von meiner Mama. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Als sie dahinter kam, was mich bedrückt, war es eindeutig, dass Hilfe für mich notwendig war. Doch obwohl wir in der Schule um sie baten, bekamen wir sie zuerst nicht. Das fand ich sehr schade und enttäuschend.

Für mich war es damals sehr verletzend, weil ich ein Kind war und nicht die Hilfe bekam, die ich gebraucht hätte. Hilfe, die ich gebraucht hätte, weil Mobbing eines der schlimmsten Dinge ist, die einem Kind widerfahren können. Kinder sollten doch ihr Leben genießen und sich entfalten können. Ich fühlte mich im Stich gelassen. Bis meine Mathelehrerin das Problem erkannte und sich darum kümmerte. Sie redete mit meinen Mitschülern und versuchte, eine Lösung zu finden. Danach dachte ich für einen gewissen Zeitraum, dass jetzt alles in Ordnung wäre und ich endlich wahre Freunde finden würde. Doch das geschah nicht, im Gegenteil, es ging weiter und es wurde sogar noch schlimmer.

»Wenn ihr gemobbt werdet, macht daraus kein Geheimnis!«
Die Kinder stellten mich vor allen bloß und hänselten mich noch mehr. Das ging so lange so, bis es einfach zu viel für mich wurde und ich beschloss, die erste Klasse zu wiederholen. Ich wollte Abstand bekommen und eine neue Chance. Ich wollte mich wohlfühlen, um lernen zu können, und Spaß zu haben. Ich wollte ankommen und willkommen sein. Wir redeten deshalb mit dem Direktor, der einverstanden war, dass ich im Folgejahr die erste Klasse noch einmal besuche. Ich war sehr froh über diese Entscheidung und habe es nie bereut. Es war die neue Chance, die ich brauchte.

Ich musste damals das restliche Jahr aussetzen und bin am ersten Schultag des nächsten Schuljahres in eine neue erste Klasse gegangen. Dort habe ich sofort die lang ersehnten, neuen und wahren Freunde gefunden. Ich habe mich nun endlich wohlgefühlt und hatte endlich meinen Platz gefunden. Für alle, die mit demselben Problem zu kämpfen haben: Wenn ihr gemobbt und ungerecht behandelt werdet, macht daraus bitte kein Geheimnis! Sucht euch Hilfe und bleibt ihr selbst. Denn genau so müssen euch andere akzeptieren! Ich glaube an euch! (ZmS)



Julie Kussmaul, Evangelisches Firstwald-Gymnasium Mössingen, Klasse 8