Frau Shirazi bat uns in eines der kleinen Beratungszimmer. Freundlich, mit einem breiten Lächeln im Gesicht, begann sie mit: »Jetzt machen wir's uns erst mal gemütlich.« Viele bunte Teelichter waren aufgestellt, und ein angenehmer Duft lag in der Luft. Wir fühlten uns auf Anhieb wohl und willkommen.
Die Beratungsstelle hat die Aufgabe zu helfen. Neben Frau Shirazi sind hier noch acht weitere Kollegen beschäftigt. Sowohl Psychologen als auch Sozialpädagogen sind vertreten. Um einen dieser Berufe ausüben zu können, muss man Psychologie und Sozialpädagogik studiert haben. Außerdem ist eine Zusatzausbildung nötig, zum Beispiel als Familientherapeut.
Problemlösung ohne Zwang
In der Beratungsstelle finden Eltern mit Kindern bis zu 20 Jahren Hilfe, das heißt sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche haben dort eine Anlaufstelle für ihre Probleme. Häufig führt die Orientierung eines Jugendlichen nach außen zu Schwierigkeiten in der Familie. Konzentriert er sich mehr auf die Clique als auf die Familie, wissen die Eltern oft nicht, wie sie damit umgehen sollen. »Bis zu einem gewissen Grad ist das völlig normal«, meint die Sozialpädagogin.
Doch das abendliche Weggehen spielt eine immer wichtigere Rolle. Mancher Teeny kommt auf den Geschmack von Zigaretten und Alkohol. Dies wird zum Problem, sobald der Jugendliche nicht mehr von einmaligem und regelmäßigem Konsum unterscheidet und das Rauchen, Saufen und auch Kiffen zur Gewohnheit und damit zum Problem wird.
Ziel einer Beratung ist es, Probleme ohne Druck und äußeren Zwang zu lösen. Der Wille muss vorhanden sein. Das gilt für alle Beteiligten, denn häufig zeigt sich, dass das Umfeld des Betroffenen in die Gespräche einbezogen werden muss. Nur wer bereit ist, alte Wege zu verlassen, kann sich während einer Beratung öffnen und so neue Wege finden.
Gerade für Jugendliche ist es wichtig, ihre Probleme zu erkennen. Um sie zu veranschaulichen, dient der Inhalt eines Schranks rechts neben der Tür des Beratungszimmers. Er enthält allerlei Stofftiere und Spielfiguren. Doch können Spielsachen Probleme lösen? Wir wussten nicht genau, was wir davon halten sollten. Daraufhin griff Frau Shirazi nach den Stofftieren und zeigte uns anhand eines Beispiels, was es damit auf sich hat.
Angenommen ein Jugendlicher hat ein Problem, weiß aber nicht, wie er es ausdrücken soll. Nun kommen die Stofftiere zum Einsatz. Jedes verkörpert eine Person. Der Jugendliche greift nach einem kleinen weißen Eisbären, der für ihn selbst steht. Für seine Eltern sucht er eine Schildkröte mit einem dicken Schutzpanzer und einen kleinen Igel mit spitzen Stacheln aus.
Ein Tier fehlt allerdings noch. Es soll das Problem darstellen. Ohne zu überlegen, greift der Jugendliche nach einer großen Qualle mit langen Armen. Beim Positionieren der Stofftiere stellt die Beraterin die derzeitige Situation zwischen Eltern und Kind dar. Übrig bleibt die Qualle. Wo setzt er sie hin? Da in diesem Fall das Problem direkt auf dem Jugendlichen lastet, entscheidet er sich dafür, die Qualle auf den Eisbären zu setzen. Der Jugendliche kann nun seine Situation wie ein Außenstehender betrachten.
Auch aus intakten Familien
Eine weitere Frage von uns war, aus welcher Umgebung sich die Leute an die Beratungsstelle wenden. Darauf ließ sich keine eindeutige Antwort finden. Sowohl Jugendliche aus intakten Familien als auch Jugendliche getrennt lebender Eltern können Schwierigkeiten in bestimmten Lebensabschnitten bekommen, mit denen sie alleine nicht fertig werden. Wir stellten fest, dass es ein Vorurteil ist, wenn man meint, dass Hauptschüler mehr Probleme haben als Gymnasiasten. Eine Häufung junger Leute mit Schwierigkeiten nach Schularten oder anderen Merkmalen gibt es nicht.
Wie kam es zu diesem Gespräch? In erster Linie wollten wir mit diesem Artikel die Jugendlichen erreichen, die nicht wissen, wie sie mit ihren Problemen umgehen sollen. Wenn sie niemanden kennen, der sich für ihre Probleme interessiert, können sie sich jederzeit an die Beratungsstelle wenden, denn dort finden sie bestimmt eine Person, die ein offenes Ohr für sie hat. Wir haben erkannt, dass es wirklich keine Schande ist, sich helfen zu lassen. (ZmS)
Ricarda Rauch und Nina Hutzel,Isolde-Kurz-Gymnasium, Klasse 10b