MÜNSINGEN. Manchmal passiert es - man kommt mit dem Gesetz in Konflikt. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Unerlaubtes »Frisieren« von Mopeds, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl, Körperverletzung, überhöhte Geschwindigkeit, Trunkenheit am Steuer und anderes. Alles Vergehen, die nicht nur von Erwachsenen, sondern sehr oft auch von Jugendlichen begangen werden.
Zwölf Reporter von »Zeitung macht Schule« wollten mehr wissen und haben sich bei Amtsrichter Thomas Rainer erkundigt. Er ist der Direktor des Amtsgerichts Münsingen, das für einen großen Bereich zuständig ist, nämlich von Dottingen bis nach Zwiefalten. Es werden hier verschiedene Sachverhalte verhandelt: Zivilprozesse, Strafsachen und Bußgeldverfahren. Besonders hat uns das Thema »Jugendliche und Gericht« interessiert.
ZmS: Wer wird vor Gericht als »Jugend- licher« behandelt?
Thomas Rainer: Vor Gericht werden zwei Gruppen als »Jugendliche« behandelt: Personen zwischen 14 und 17 Jahren; außerdem heranwachsende 18- bis 21-Jährige, bei welchen Entwicklungsverzögerungen vorliegen, oder wenn eine typische Jugendstrafsache anfällt.
»Es sind mehr männliche Jugendliche. Die Zahl der weiblichen Jugendlichen steigt aber an«
Was passiert mit Straftätern unter 14 Jahren?
Rainer: Von Gerichtsseite geschieht nichts, diese jungen Leute sind strafunmündig. Der Vorgang ist aber natürlich bei der Polizei bekannt. Und das Jugendamt wird selbstverständlich ebenfalls informiert.
Kommt es häufig vor, dass Jugend- liche vor Gericht stehen?
Rainer: Es kommt insgesamt nicht allzu häufig vor. Trotzdem sind es rund 100 Verfahren gegen Jugendliche im Jahr. Es waren schon mehr.
Stehen mehr männliche oder weibliche Jugendliche vor Gericht?
Rainer: Es sind weit mehr männliche Jugendliche. Die Zahl der weiblichen Jugendlichen steigt aber.
Welche Vergehen werden am häufigsten verhandelt?
Rainer: Die häufigsten Vergehen sind Diebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
»Bei Ersttätern gibt es eine Ermahnung oder sogar eine Einstellung des Verfahrens«
Was passiert mit jugendlichen »Ersttätern«?
Rainer: Wir prüfen, ob es wirklich ein Ersttäter ist, oder ob er schon Straftaten begangen hat, bevor er 14 Jahre alt war. Bei wirklichen Ersttätern gibt es eine Ermahnung oder sogar eine Einstellung des Verfahrens, nachdem eine Belehrung erfolgt ist. Bei Jugendlichen, die schon aufgefallen sind, bevor sie 14 Jahre alt waren, kommen Weisungen, Auflagen oder Arrest vor.
Was war Ihr »härtester Fall« mit Jugendlichen?
Rainer: Ein betrunkener Heranwachsender fuhr ohne Führerschein. Die Fahrt endete mit dem Tod der Freundin.
Was sind die häufigsten Strafen, die ausgesprochen werden?
Rainer: Geldstrafen bei Erwachsenen. Arbeitsauflagen bei Jugendlichen, hierbei handelt es sich um erzieherische Maßnahmen.
Was war die höchste Jugendstrafe, die Sie bisher ausgesprochen haben?
Rainer: Das sind Jugendstrafen in einer Höhe von bis zu einem Jahr. Bei zu erwartenden höheren Strafen muss vor einem Jugendschöffengericht verhandelt werden.
Was macht ein Bewährungshelfer?
Rainer: Der Bewährungshelfer hilft einerseits dem Angeklagten, die Bewährungszeit gut zu überstehen. Andererseits hilft er dem Gericht, die Bewährung zu überwachen.
In welche Gefängnisse kommen verurteilte Jugendliche?
Rainer: Für verurteilte Jugendliche gibt es eine spezielle Einrichtung, nämlich in Adelsheim. Dort können sie während der Verbüßung ihrer Strafe eine Lehre oder auch die Schule fertig machen.
Gibt es bei Jugendlichen viele Wiederholungstäter?
Rainer: Nach der Statistik gibt es von hundert Ersttätern rund zehn Wiederholungstäter, diese fallen dann aber mehrfach auf. Das Gericht ist deshalb auch bei Ersttätern ziemlich milde.
Ist das Jugendamt auch mit eingeschaltet?
Rainer: Ja, das Jugendamt wird mit einbezogen. Es berät das Gericht, welche erzieherischen Maßnahmen angemessen erscheinen. (ZmS)
Die Fragen stellten Schüler der Klasse 9 der Gustav-Heinemann-Schule Münsingen (Aleks Rebhuhn, Ljabinot Bajrami, Andreas Bleher, Lidia Diss, Karsten Sauer, Marcel Kick, Erika Biemel, Aygül Demirkol, Jaqueline Hoffmann, Sergej Bejfus, Benjamin Baisch, Anatol Antoni)