Das ist es aber schon lange nicht mehr. Immer mehr, lautet das Motto, und immer billiger. Selbst vor der Möbel- und Bauindustrie macht es keinen Halt. Durch uns bekannte große und vor allem preisgünstige Möbelhäuser und Baumärkte müssen kleinere Betriebe leiden. Doch ist das wirklich der Fall? Wir haben uns mit den Inhabern zweier handwerklicher Betriebe getroffen.
»Es wäre schön zu sehen, wenn man sich wieder Gedanken macht, wo was herkommt«»Mehr ist mehr – wie wirkt sich dieses Konsumverhalten auf Sie aus?« Diese Frage haben wir Schreinermeister Jochen Grad gestellt. »Ich bin mit meinem Betrieb auf der sicheren Seite«, antwortete er. »Sonderanfertigungen sind nach wie vor sehr gefragt. Unsere Kunden orientieren sich nicht zuletzt an der Langlebigkeit der Güter, die durch hohe Qualität der Rohstoffe und ihrer Verarbeitung gegeben ist.«
Wir wollten auch von ihm wissen, was seiner Ansicht nach ein möglicher Grund für das heutige Konsumverhalten sein könnte. Jochen Grad sagte: »Es könnte etwas mit dem Beruf zu tun haben. Man arbeitet viel und ist kaum zu Hause. Vielleicht zieht man auch oft um, was es nicht nötig macht, in Produkte von langer Haltbarkeit zu investieren. Ein weiterer Grund könnten die Kosten der Möbel sein. Mobiliar aus dem Handwerk ist in der Regel teurer im Vergleich zu denen aus einem großen Möbelhaus. Zudem macht es wenig Sinn, in handwerkliche Möbel zu investieren, wenn man weiß, dass man zur Miete wohnt und eventuell aus beruflichen Gründen ein Ortswechsel in naher oder ferner Zukunft anstehen könnte.«
Die dritte Frage, die wir dem Schreinermeister stellten, lautete: »Haben Sie irgendwelche Veränderungswünsche?« Er antwortete: »Ich finde es schade, dass man sich nicht mehr so viele Gedanken darüber macht, was mit den Möbeln passiert, die man entsorgt, weil sie kaputt sind. Es entstehen große Müllberge und es ist eine enorme Rohstoffverschwendung. Es wäre schön zu sehen, dass man sich wieder Gedanken macht, wo was herkommt. Zudem weist minderwertiges Mobiliar oft schnell Verschleißerscheinungen auf und es fällt schwer, Ersatzteile zu finden, was eine Reparatur unrentabel oder erst gar nicht möglich macht. Die Handwerkskunst glänzt durch hochwertige Materialien und Beschläge. Es ist nicht nur der Rohstoffeinkauf, der die Materialien so teuer macht, sondern der Arbeitslohn.«
Der zweite Betrieb ist die Malerei Scheu. Wir haben dem Inhaber Jürgen Scheu die gleichen Fragen gestellt mit ähnlichem Ergebnis. Auf die Frage, wie sich das veränderte Konsumverhalten der Gesellschaft auf ihn auswirke, sagte er: »Früher hatten wir mehr Materialhandel, das heißt, wir haben teilweise auch nur Farben verkauft. Heutzutage haben wir nur noch wenig Materialhandel, weil viele ihre Farben und Pinsel in Baumärkten kaufen und ihre Wände dann selbst streichen. Sie benötigen keinen Maler.«
Man kann schlussfolgern, dass unterschiedliche Gewerke mit anderen Problemen zu tun haben. Auch seine zweite Antwort hat denselben Hintergedanken. Die leistungsorientierte Gesellschaft bevorzugt billigere Güter, um sie öfter ersetzen zu können. »Die Gesellschaft ist konsumorientiert. Sie wollen so viel wie möglich für wenig Geld haben«, sagte Scheu. Genau so wie der Schreiner sieht er Vor- und Nachteile in dem weiterentwickelten Konsumverhalten.
»Die Gesellschaft ist konsumorientiert. Sie wollen so viel wie möglich für wenig Geld haben«Ob er sich wünscht, dass sich das wieder ändert? »Nur indirekt. Denn da durch dieses Konsumverhalten einige kleinere Betriebe ausgestorben sind, haben wir wieder eine höhere Anfrage, weil es ja nun weniger Betriebe gibt.« So antwortet der Malermeister auf die letzte Frage, was die Ähnlichkeit der Aussagen weiter unterstützt. Man kann nun erwarten, dass sich einige kleine Gewerke trotz Discountern halten können, da echtes handwerkliches Können unersetzbar ist.
Es lässt sich also festhalten, dass sich das Konsumverhalten der Deutschen verändert hat, aber die Wirtschaft hat sich mitentwickelt. So kommen manche Gewerke besser mit den Industriegiganten klar als andere. Doch man sollte bei dem Konsum auch mal um die Ecke denken und sich fragen, ob das, was man kauft wirklich nötig ist und woher es kommt. So schützt man sich, seine Umwelt und kleinere Betriebe vor dem existenziellen Aus. Man kann also doch an dem Sprichwort »weniger ist mehr« festhalten. (ZmS)
Antonia Scheu und Johanna Grad,
Graf-Eberhard-Gymnasium Bad Urach, Klasse 9b