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Aktuell INTERVIEW

In die Backstube in der Wilhelmstraße

REUTLINGEN. Seit mehreren Wochen arbeitet ein Togolese in der Bio-Bäckerei Berger. Ellen Weiß und Maxine Burkhardt haben sich mit dem Chef der Bäckerei, Hubert Berger, unterhalten.

ZmS: Herr Berger, wie kam es dazu, dass Sie einem Flüchtling einen Arbeitsplatz gegeben haben?

Hubert Berger: Also, das war so: Tarim (Name geändert) wird in Lichtenstein von einer Familie betreut. Die sind auf mich zugekommen und haben gefragt, ob ich mir eventuell vorstellen könnte, einen Asylbewerber als Bäckerlehrling aufzunehmen. Und ich habe dann gesagt: »Ja, warum nicht?« Dann durfte er für ein paar Tage ein Praktikum machen und er hat sich ganz gut angestellt. Dann habe ich gesagt, wenn mir jemand hilft, die Bürokratie zu regeln, dann steht dem nichts im Wege … und so kam es dazu, dass Tarim hier eine Ausbildungsstelle bekommen hat.

Wissen Sie etwas über seine Flucht und das Leben in seinem Heimatland?

Berger: Tarim kommt aus Togo in Afrika. Er hat gesagt, er sei über das Mittelmeer gekommen, und seine Familie ist noch dort. Jetzt ist Togo nicht für Unruhen oder Bürgerkriege bekannt, er ist wahrscheinlich aus wirtschaftlichen Gründen hierher gekommen, aber das spielt in dem Fall keine Rolle. Er ist einfach da, er wollte arbeiten und hat hier einen Asylantrag gestellt, und ich habe ihm die Chance gegeben.

Wie ist das Arbeitsverhältnis? Können Sie sich mit Tarim gut verständigen? Also ... spricht er schon Deutsch?

Berger: Er spricht gebrochen Deutsch, er macht auch gerade einen Deutschkurs. Wenn er etwas nicht versteht, dann kann man Englisch mit ihm sprechen, aber es gibt eigentlich keine Probleme. Er ist wirklich umgänglich, ziemlich fleißig und er ist ein sehr freundlicher Mensch. Er ist auch nicht kompliziert oder so, ich würde sagen, wir haben einfach Glück gehabt. Es ist einfach angenehm, mit ihm zu arbeiten.

Hat Tarim sich schnell in das Arbeitsverhältnis eingefunden?

Berger: Ja, auf jeden Fall! Es gibt manchmal Verständnisschwierigkeiten, klar, er versteht nicht alles, aber ich meine, das lässt sich regeln.

Welche positiven Erfahrungen haben Sie?

Berger: Tarim ist sehr fleißig, sehr freundlich, zuvorkommend und aufmerksam und das ist alles sehr positiv.

Welche Schwierigkeiten gibt es außer der Sprache?

Berger: Wenn überhaupt irgendetwas schwierig ist, dann ist es nur die Sprache für mich. Tarim hat natürlich ein bisschen das Problem, dass er jeden Tag aus Lichtenstein mit dem Fahrrad hierherkommt. Es gibt die Residenzpflicht, was bedeutet, dass er sich nicht irgendwo eine Wohnung suchen kann, sondern eigentlich dort sein muss, wo er gemeldet ist.

Oha!

Berger: Ja, und deswegen radelt er jeden Tag hierher.

Herr Berger, vielen Dank für das Interview. (ZmS)