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»Ich konnte kein Wort Deutsch«

GRABENSTETTEN. Wie sieht es in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb mit der Integration von Ausländern aus? In dem 1 650-Einwohner-Dorf Grabenstetten gibt es nur einen kleinen Ausländeranteil, nämlich 67 Personen. Wir wollten herausfinden, wie es sich in diesem Dorf als Ausländer einleben lässt. Dazu haben wir eine 25-jährige Mutter bosnischer Herkunft befragt.

ZmS: Seit wann sind Sie in Deutschland, und woher kommen Sie ursprünglich?

Melina C.: Als 13-Jährige kam ich 1991 von Bosnien nach Deutschland. Da viele Verwandte schon früher nach Deutschland gekommen waren, zog ich mit meiner Mutter und meinen Geschwistern zu meinem Vater, der schon früher ausgewandert war. Vorerst nach Mannheim.

Konnten Sie schon Deutsch, als Sie hierher kamen, und haben Sie schnell Kontakt zu Deutschen gefunden?

Melina C.: Als ich nach Deutschland kam, verstand ich noch kein Wort Deutsch. Aber in Mannheim ging ich in die 7. Klasse einer Hauptschule, wo ich schnell im Umgang mit meinen Mitschülern Deutsch lernte und Kontakte knüpfte. Bald hatte ich viele Freunde - auch deutsche - gefunden. Zwar vermisste ich am Anfang meine Heimat und alte Freunde sehr, aber da viele Verwandte in meiner Umgebung waren, war es für mich keine allzu große Umstellung, von Bosnien hierher zu kommen.

Seit wann leben Sie in Grabenstetten?

Melina C.: Nachdem ich zuerst in Bad Urach und Hülben gewohnt habe, zog ich vor fünf Jahren mit meinem ebenfalls bosnischen Mann, der allerdings schon seit seinem ersten Lebensjahr in Deutschland lebt, nach Grabenstetten. Dort hatte mein Mann zusammen mit seinen Eltern ein Haus gekauft, in dem wir heute noch leben.

Wie haben Sie und Ihre Familie sich hier eingelebt?

Melina C.: Meine zwei kleinen Kinder gehen in den Kindergarten Grabenstetten, wo es ihnen sehr gut gefällt. Dort sollen sie schon jetzt Deutsch lernen, da wir zu Hause Bosnisch sprechen. Wir haben uns gut im Ort eingelebt und pflegen inzwischen regen Kontakt mit unseren deutschen Nachbarn, aber auch mit vielen Landsleuten. Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl und wir haben mittlerweile deutsche Pässe. Ich kann und will mir nicht vorstellen, nach Bosnien zurückzukehren, da ich keine Verbindungen - außer Urlaub - zu meiner ehemaligen Heimat mehr habe. Aber ich glaube, Ältere würden eher wieder zurückgehen.

Welcher Religion gehören Sie an, und wie ist es für Sie, wenn hier in Deutschland christliche Feste gefeiert werden?

Melina C.: Wir sind muslimisch, allerdings nicht strenggläubig, so dass wir uns nicht an muslimische Traditionen halten. Wir feiern weder muslimische noch christliche Feste, sondern nur Geburtstage. Ich habe keine Probleme mit christlichen Bräuchen, da es in Bosnien auch viele Christen gibt.

Wie finden Sie, sollten sich Ausländer in Deutschland verhalten?

Melina C.: Ich finde es nicht in Ordnung, wenn sich Ausländer in Deutschland abgrenzen und die Sprache nicht erlernen wollen. Ich finde es angebracht, die Landessprache zu lernen, wenn man in einem neuen Land leben will. (ZmS)



Kristina Lamparter und Bernadette Schroh, Graf-Eberhardt-Gymnasium Bad Urach, Klasse 10b