Zwischen Leben und Tod
Eine halbe Stunde lag Paul bewusstlos auf der Straße, bis er wegen der Schmerzen am Arm und an der Milz wieder zu sich kam. Durch den Schockzustand verspürte er keine starken Schmerzen, obwohl seine Milz geplatzt war und er einen offenen Bruch am linken Arm hatte. Ein vorbeikommender Autofahrer brachte den Schwerverletzten in den nächsten Ort, von wo aus er mit dem Rettungswagen in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht wurde.Als die Ärzte dort die Operation ablehnten, da sie darauf nicht spezialisiert waren, wurde er in die Tübinger Uniklinik gefahren. Dort wurde seine Milz entfernt und sein kompletter linker Arm amputiert. Paul hatte schon die Hälfte seines Blutes verloren, man wusste nicht, ob er überleben würde. Nach drei Tagen wachte er aus dem künstlichen Koma wieder auf.
Pauls Leben veränderte sich enorm, die alltäglichsten Sachen – Schuhe binden, Essen schneiden oder einfach mal eine Schubkarre schieben – fielen ihm schwer. »Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, ob ich so leben kann und will«, sagt Paul. Er entschied sich, dieser Herausforderung anzunehmen und fand für so gut wie alles eine Lösung, auch ohne Hilfsmittel für Einarmige, was ihn viel Geduld kostete.
Er brauchte mehrere Jahre, bis sein Alltag wieder normal war. Sein Hobby Motorradfahren gab er trotz des Unfalls nicht auf. Da dies aber nur mit Prothese erlaubt ist, ließ er sich eine mechanische anpassen. Die Prothese ist für ihn auch noch nötig, um eine Schubkarre schieben und um Rad fahren zu können.
Kopfarbeit statt Handwerk
Durch den Unfall veränderte sich nicht nur sein Alltag, sondern auch sein Ausbildungsziel. Eigentlich wollte er einen handwerklichen Beruf erlernen, er entschied sich dann aber für einen Beruf, bei dem man durch geistige Leistung sein Brot verdienen kann und begann ein Maschinenbau-Studium.Im Gegensatz zu früher fühlt sich Paul heute nicht mehr unwohl mit seiner Behinderung. Er betont, dass man einfach zu sich stehen soll: »Entweder man akzeptiert sich so, wie man ist oder man lässt es bleiben.« Phantomschmerzen – wenn man also nicht mehr vorhandene Körperteile so spürt, als wären sie noch da – hat Paul zum Glück nicht, aber er spürt den Arm manchmal noch so wie früher, vor allem, wenn er eine Prothese trägt, da diese im Schaft die Nervenenden stimuliert.
Sein Motto: nie aufgeben
Wenn es eine Möglichkeit gäbe, wieder zwei Arme zu haben, würde er es so lassen, wie es ist. »Ich bin, wie ich bin – und so ist alles gut.« Außerdem müsste er sich beim allem wieder umgewöhnen. Da er schon länger mit einem Arm als zweien lebt, würde das wahrscheinlich äußerst mühsam sein. Wobei er sich kurz nach dem Unfall wohl anders entschieden hätte.Paul ist heute Vater, er lebt im selbst renovierten Eigenheim, wo er als Alleinverdiener seine Familie ernährt. Sein Lebensmotto: »Geht nicht, gibt’s nicht – bevor man es nicht ausprobiert hat!« (ZmS)
Lucie Jacob, Graf-Eberhard-Realschule Kirchentellinsfurt, Klasse 9 b