ZmS: Wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden und wie alt waren Sie damals?
Yvonne Tietze: Früher habe ich viel Sport getrieben und hatte viele Verletzungen. Dadurch bin ich mit Physiotherapie in Kontakt gekommen und fand das eine schöne Sache. Ich wollte schon immer in den sozialen Bereich, fand aber Krankenschwester oder Arzt nicht passend für mich. Damals war ich 14 Jahre alt.
Haben Sie eine Ausbildung gemacht oder muss man dazu studieren?
Tietze: Im Ausland ist es ein Studium, in Deutschland eine Ausbildung, die drei Jahre dauert. Dabei wechseln sich Schule und Praxisblöcke ab.
»Ich habe das Gefühl, dass ich in meinem Beruf Vieles bewegen kann«Was sind typische Probleme, weshalb Patienten zu Ihnen kommen?
Tietze: Viele Patienten kommen nach Unfällen oder nach Operationen. Dann geht es darum, die ursprünglichen Funktionen wieder herzustellen. Es gibt aber auch Patienten mit chronischen Erkrankungen. Da steht im Vordergrund, Linderung zu verschaffen, Schmerzzustände zu lösen oder zu verbessern. Das sind auch hauptsächlich orthopädische Patienten, die wieder normale Funktionen in den Bewegungsablauf einüben wollen.
Wie finden Sie die richtige Therapie für Ihre Patienten?
Tietze: Das ist eine schwere Frage. Im Laufe der Jahre besitzt man einen gewissen Pool an verschiedenen Therapieformen und nach einer ausführlichen Befundung weiß man, was gut und was schlecht für den Patienten wäre. Man beginnt dann zu behandeln, schaut, was sich verändert, behandelt dann so weiter oder wählt eine andere Methode, wenn die bisherige Behandlungsmethode nicht erfolgreich war.
Was macht Ihnen Spaß an Ihrem Beruf?
Tietze: Mein Beruf bringt eine gute Mischung mit sich. Ich bin viel in Bewegung, kann vieles erreichen mit den Patienten und bin durch den Kontakt mit Menschen immer »am Puls der Zeit«.
Können Sie sagen, ob Sie lieber jüngere oder ältere Patienten behandeln?
Tietze: Nein, weil beides seinen Reiz hat. Das ist das Schöne an meiner Arbeit: die Mischung aus Alt und Jung.
Was ist schön bei den Jungen und was bei den Alten?
Tietze: Die Älteren sind meistens anspruchsvoller in der Behandlung, weil sie schon viele Päckchen mitbringen. Die Jüngeren sind noch fitter und bringen neuen Schwung in die Bude.
Was war Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer Berufslaufbahn und was Ihr schwierigstes?
Tietze: Generell ist es immer ein schönes Erlebnis, wenn es einen Erfolg gibt, das heißt, wenn Besserung da ist. Bei meinen vielen Skoliose-Patienten freue ich mich, wenn ich später erfahre, dass sich der Zustand gehalten hat, dass es ihnen gut geht. Mein schwierigstes? Ja, das ist immer, wenn es bei Patienten keine Verbesserung gibt oder manchmal sogar der Tod eintritt.
Lässt Ihnen Ihr Beruf auch genügend Zeit für Familie und Hobbys?
Tietze: Je nachdem, wie viele Stunden man arbeitet. Ich arbeite Teilzeit, daher habe ich genügend Zeit.
Auf welchem Weg kommen Patienten zu Ihnen?
Tietze: Klassischerweise über den Arzt, also über eine Verordnung. Es gibt auch Therapeutenverzeichnisse, in denen man suchen kann. Ich bin zum Beispiel auf Skoliose spezialisiert. Manchmal finden mich Patienten übers Telefonbuch, aber eher aufgrund von Arztempfehlungen.
Arbeiten Sie mit Ärzten zusammen?
Tietze: Die Ärzte, die sich auch auf Skoliose-Patienten spezialisiert haben, empfehlen mich natürlich weiter. Ansonsten dürfen Ärzte normalerweise keine direkten Empfehlungen geben. Aber all die Ärzte, die mir Verordnungen geben, mit denen habe ich schon Kontakt.
Arbeiten alle Physiotherapeuten gleich oder gibt es Spezialisierungen?
Tietze: Im Großen und Ganzen haben wir alle die gleiche Ausbildung, aber jeder hat seine Spezialisierung und behandelt dementsprechend. Grobe Richtungen sind zum Beispiel Orthopädie, Neurologie, Gynäkologie und Pädiatrie, also die Arbeit mit Kindern.
Würden Sie Ihren Beruf wieder wählen?
Tietze: Ich würde es genauso wieder machen. Ich finde es eine gute Mischung, manche Patienten kommen nur für eine kurze Zeit und sind bald wieder fit. Andere Patienten kommen über einen langen Zeitraum. Ich habe das Gefühl, dass ich in meinem Beruf Vieles bewegen kann. Also ja, ich würde diesen Beruf wieder wählen! (ZmS)
Lisa Steinbrenner, Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9b