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Aktuell Flüchtlinge

Größter Wunsch: Neuanfang

TROCHTELFINGEN-MÄGERKINGEN. Haben Woldehaimanot ist mit seinen fünf Freunden von seiner Heimatstadt May-Dima in Eritrea geflüchtet, weil er kein Soldat werden und nicht auf Menschen schießen wollte. Dafür musste er für sechs Monate ins Gefängnis, wo er mit Strom an den Fußsohlen gefoltert wurde. Halb tot wurde er aus dem Gefängnis entlassen.

Viele Flüchtlinge kommen aus Afrika auf überfüllten Booten nach Europa. Haben Woldehaimanot aus Eritrea hat die gefährliche Reis
Viele Flüchtlinge kommen aus Afrika auf überfüllten Booten nach Europa. Haben Woldehaimanot aus Eritrea hat die gefährliche Reise überlebt. FOTO: EPA/DPA
Viele Flüchtlinge kommen aus Afrika auf überfüllten Booten nach Europa. Haben Woldehaimanot aus Eritrea hat die gefährliche Reise überlebt. FOTO: EPA/DPA
Haben hat von seinem Vater Geld bekommen, damit er mit seinen Freunden flüchten konnte. Ihre erste Station war Äthiopien, dort blieben sie einen Monat lang. Um die Grenze zwischen Äthiopien und dem Sudan zu überwinden, mussten sie einen Fluss überqueren. Dabei ertranken zwei seiner Freunde, weil sie nicht schwimmen konnten. Als sie die Grenze überquert hatten, mussten sie nach Khartum, der Hauptstadt des Sudan.

Sie haben einem Mann viel Geld bezahlt, der sie eigentlich mit einem Transporter an die Küste bringen sollte. Stattdessen brachte er sie in ein Haus und sperrte sie in einen Keller. Er hatte Haben und seine Freunde dem IS verkauft. In dem Keller wollten die Leute von der IS ihm und den anderen Flüchtlingen, die mit ihm verkauft wurden, die Organe entnehmen und an kranke Menschen in Amerika verkaufen. Auf diese grausame Weise verdienen diese schrecklichen Menschen viel Geld. Ihre Kleider wurden ihnen von den Körpern gerissen und sie wurden mit einer brennenden Plastikflasche ausgepeitscht. Haben Woldehaimanot und die anderen Flüchtlinge hatten Glück und konnten fliehen und sich im Wald verstecken. Aber die IS-Leute haben sie wieder gefunden, da die Polizei mit dem IS unter einer Decke steckt.

Immer wieder im Gefängnis

Die Flüchtlinge wurden in ein Lager gebracht – in einer gefährlichen Stadt, wo viele Leute des IS wohnen und die Polizei mit Geld bestechen. Haben ist nach einem Monat von dort abgehauen und zurück nach Khartum gegangen. Trotz einer Malariaerkrankung floh er weiter nach Libyen und durchquerte die im August unerträglich heiße Wüste. Er und die anderen Flüchtlinge hatten wenig zu essen und nur zwei kleine Wasserflaschen am Tag. Haben beschrieb uns, dass er vom Wassermangel eine so trockene, schmerzende Zunge hatte, dass er dachte, sie würde ihm absterben.

Als sie Libyen erreichten, musste Haben für zwei Monate ins Gefängnis. Dort wurde er wieder gesund. Nach diesen zwei Monaten sind er und die anderen Flüchtlinge nach Tripolis geflüchtet, wo sie wieder für drei lange Monate in einen Keller eingesperrt wurden. Nun konnte er endlich zur Küste, von wo aus er mit 22 000 anderen Flüchtlingen nach Italien fuhr. Auf dem Schiff gab es so wenig Platz, man konnte sich nicht bewegen, geschweige denn, sich ausstrecken.

Endlich in Sicherheit

In Sizilien angekommen, ging es weiter nach Rom. Von dort aus wollte ein Mann ihn und sieben weitere Flüchtlinge nach Deutschland bringen. Im Auto waren vier Männer und drei Frauen, von denen eine schwanger war. Als sie schon das Meiste hinter sich hatten – sie waren schon in der Schweiz – ging es Haben überhaupt nicht gut. Er hatte im Laufe der Zeit eine Hautkrankheit bekommen.

Der Mann, der die Flüchtlinge nach Deutschland bringen sollte, bekam auf einmal Angst, dass er erwischt werden könnte. Er habe so getan, erzählt Haben, als würde er weiterfahren, dabei fuhr er die ganze Zeit nur im Kreis. Nach einer Weile sagte er, dass sie jetzt in Deutschland angekommen seien. Das war nicht die Wahrheit.

Haben Woldehaimanot wurde in der Schweiz auf der Straße gefunden und in ein Konstanzer Krankenhaus gebracht. 24 Stunden war er dort, bis er entlassen und nach Reutlingen gebracht wurde. Dort hatte er endlich ein sicheres Dach über dem Kopf und konnte Deutsch lernen. Inzwischen lebt er in Mägerkingen. Endlich geht es ihm gut, er lernt für die Schule und gibt sich wirklich Mühe bei allem. Trotz seines schweren Schicksals ist er fröhlich und hilfsbereit. Sein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen: ein Neuanfang. (ZmS)

Anda Severin und Teresa Schlegel, Werdenbergschule GMS, Trochtelfingen, Klasse 9