Anette Rösch: Ich denke, dass es, um gewählt zu werden, nach wie vor wichtig ist, dass man weiß, was auf einen zukommt. Ich finde es zudem wichtig, dass die Bürgermeisterkandidaten und -kandidatinnen vom Fach sind und sich in Rechtsdingen auskennen. Gerade in den kleinen Gemeinden ist die Ausbildung zum Verwaltungswirt umso wichtiger, weil man eben keine Volljuristen in der Verwaltung hat wie in einer großen Stadt. In einer kleineren Verwaltung arbeitet man selber richtig mit. Da ist es natürlich auch wichtig, dass man eine gute Ausbildung hat. Dann braucht man für den Erfolg eine große Bereitschaft, ziemlich viel zu arbeiten. Und ich denke, man muss gerne tun, was man tut. Man muss gerne mit Menschen umgehen, muss sich auf sie einlassen können.
»Man muss gerne mit Menschen umgehen, sich auf sie einlassen können«Was hat Sie dazu veranlasst, Bürgermeisterin gerade in Wannweil zu werden?
Rösch: Also ich habe schon während des Studiums Bürgermeisterwahlkämpfe verfolgt, um einfach zu analysieren, wer in welchen Gemeinden gute Chancen hat, gewählt zu werden. Und da gibt es etwas, was sich über viele Bürgermeisterwahlkämpfe herauskristallisiert. Und zwar Folgendes: Wenn die Kollegen sehr lange im Amt waren, wählen die Bürger danach gerne jemand, der im Prinzip etwas anderes verkörpert als der Vorgänger. Mein Vorgänger hatte seinen Schwerpunkt auf den Verwaltungs- und Finanztätigkeiten. Ich habe meinen Schwerpunkt mehr in den Bereichen, die dem Hauptamt zugeordnet werden: Kindergärten, Schulen, Öffentlichkeitsarbeit, Kultur. Das sind ganz unterschiedliche Interessen, und dann tut es einfach auch gut, wenn nach einer langen Amtszeit jemand kommt, der ein bisschen andere Schwerpunkte setzt. Das spiegelt sich auch im Wahlergebnis immer wider. Warum Wannweil? Ich habe damals in Mössingen gewohnt und wollte auf jeden Fall in eine kleinere Gemeinde - also unter 10 000 Einwohner. Wo man eben tatsächlich selber die Nähe zu den Bürgern hat. Wo man eine Chance hat, die Menschen kennenzulernen.
Welche größeren Projekte haben Sie in Ihrer Amtszeit schon verwirklicht?
Rösch: Im Kindergartenbereich hat sich die Gemeinde ganz stark entwickelt. Wir haben, nachdem ich 1995 ins Amt gekommen bin, gleich eine weitere Kindergartengruppe eröffnet. Da war dringender Platzbedarf, und heute haben wir ein Kinderhaus. Ein Kindergarten, der mit drei Jahren begann und eine normale Betreuung von sechs Stunden hatte, hat sich zum Kinderhaus entwickelt mit einer Betreuungszeit von zehn Stunden am Tag. Da sind wir richtig froh und natürlich auch stolz darauf.
Welche größeren Projekte stehen noch an?
Rösch: Wir treten jetzt gerade in eine Phase, in der wir ein bisschen zurückhaltend sein müssen mit den Investitionen, weil unsere Einrichtungen jetzt alle saniert oder auf einem neuen Stand sind. Das einzige Thema, was wir entweder sanieren oder verlegen müssen, wäre das Feuerwehrhaus. Aber da gehen wir jetzt erst in eine Entscheidungsphase. Im Gemeinderat geht es jetzt erst einmal um Meinungsfindung. Auch ich selbst habe noch keine abgeschlossene Meinung zu diesem Thema und wir müssen sehr genau abwägen, ob wir uns das leisten können oder nicht.
Was wünschen Sie sich von den Bürgern Wannweils?
Rösch: Ich wünsche mir für die Zukunft das, was ich auch in den vergangenen Jahren versucht habe zu prägen: dass den Menschen bewusst wird, dass Gemeinde nicht der Bürgermeister oder die Verwaltung oder der Gemeinderat heißt, sondern dass Gemeinde jeder von uns ist. Dazu, dass man sich in einer Gemeinde wohlfühlt, muss sich jeder mit seinen Stärken in die Gemeinde einbringen. Dabei ist es egal, ob das in einem Verein, in der Kirche oder in einer sozialen Organisation ist. Wichtig ist, dass er sich einfach einbringt und dass er am Gemeindeleben teilnimmt. Dass er auf die Menschen zugeht. Das ist auch, was mir in Wannweil so gefällt, nämlich viele Bürger, die sich in vielen Bereichen voll engagieren. Wie überall gibt es auch welche, die sich weniger engagieren und ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, diese Bürger auch noch mit ins Boot zu holen.
Vielen Dank für das Interview.
Viele Hürden sind in Wannweil noch zu meistern, nicht zuletzt ein Stück weit der Zusammenhalt der Gemeinde. Aber es wurden schon mehrere größere Projekte fertiggestellt, beispielsweise die Ortskernsanierung oder das Seniorenwohnheim. Es zeigt sich immer, dass eine Gemeinde ohne das Engagement der Bürger nicht bestehen kann. Auch in Zukunft braucht Wannweil Bürger, die sich aktiv am Gemeindeleben beteiligen, damit Wannweil weiterhin eine einzigartige Kommune bleibt.
Bürgermeisterin Rösch würde es gefallen, wenn die Bürger in Wannweil sich mehr einbringen, mitdenken, mitmachen und mitentscheiden: »Auch künftig, wenn das Geld weniger wird, geht es einfach wieder darum, dass man diesen Gemeinschaftssinn prägt, dass es nicht heißt: Gemeinde, mach du mal, mäh du mal, kehr du mal, tu du mal, investier du mal, sondern dass klar ist, dass man auch das eine oder andere selbstständig machen kann.« (ZmS)
Lion Breisch und Johannes Bucher, Friedrich-List-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9 b