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»Geld ist ein schlechter Ratgeber«

REUTLINGEN. Siebzehn Spiele ohne Niederlage, nur acht Gegentore in der laufenden Saison: Die Fußballer des SSV Reutlingen sind momentan Tabellenführer und haben gute Chancen, in die Regionalliga aufzusteigen. ZmS-Reporter haben Peter Starzmann, den Trainer des SSV Reutlingen, interviewt.

Hat außer der Torausbeute wenig zu kritisieren: SSV-Trainer Peter Starzmann.
FOTO: PACHER
Hat außer der Torausbeute wenig zu kritisieren: SSV-Trainer Peter Starzmann. FOTO: PACHER
Hat außer der Torausbeute wenig zu kritisieren: SSV-Trainer Peter Starzmann. FOTO: PACHER
ZmS: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Trainer zu werden?

Peter Starzmann: Mein Kindheitstraum war, Sportlehrer zu werden. Ich habe Sport und Englisch an der Uni Tübingen studiert und wollte Englisch und Sportlehrer in einem Gymnasium werden. Als ich mit meinem Studium fertig geworden war, gab es so viele Lehrer, dass ich mich rechtzeitig um ein anderen Job bemüht habe und das war die Assistenten-Stelle beim SSV. So bin ich in das Trainergeschäft reingeschlittert.

Wann haben Sie mit ihrer Trainer-Karriere angefangen?

Starzmann: Das war in der Saison 1991/92 beim SSV Reutlingen.

»Manche Spieler brauchen eine harte Hand«

Welche Fähigkeiten muss ein Trainer sonst noch mitbringen, außer Fußballspielen beizubringen?

Starzmann: Fachkompetenz, Persönlichkeit und die Fähigkeit, mit Menschen umgehen zu können. In einem Mannschaftskader gibt es sehr unterschiedliche Charaktere: Spieler, die leichter zu führen sind, aber auch solche, die eine harte Hand brauchen. Wesentlich für den Erfolg ist es, alle so zusammenzufügen, dass sie komplett für eine gemeinsame Sache einstehen. Ein Trainer muss aber auch selbst ein guter Fußballer sein, damit er im Training auch mal etwas demonstrieren kann. Vor allem in schwierigen Phasen, die in jeder Runde vorkommen, muss er Stärke demonstrieren. Eine Mannschaft braucht dann eine souveräne Führung.

Was motiviert Sie, den SSV zu trainieren, obwohl oft nicht mal Gehälter gezahlt werden?

Starzmann: Das sind zum einen die wunderbaren Trainingsbedingungen, das tolle Stadion, der enorme Zuschauer-Zuspruch und die Begeisterungsfähigkeit unserer Fans. Außerdem habe ich eine Mannschaft, die alles für den Erfolg gibt. Was zudem motiviert, sind die Ziele, die ich anderswo nicht erreichen kann. Man kann seinen eigenen Werdegang nicht nur an Geld fest machen, sondern muss auch Opfer bringen, um sich selber voran zu bringen, das habe ich auch der Mannschaft erklärt. Letztendlich spielen wir alle auch für unsere Zukunft. Jedem von uns ist klar, welche Euphorie mit einem Aufstieg in Reutlingen möglich ist. Da kommt dann ganz automatisch die Perspektive auf, wieder irgendwann die 2. Liga anzupeilen. Spätestens dann brauchen wir uns nicht mehr übers Geld zu unterhalten. Ich habe eins im Leben gelernt: Geld als alleinige Motivation ist ein schlechter Ratgeber.

»Man hat jetzt den Aufstieg vor Augen«

Wenn es nicht mit dem Aufstieg klappen sollte, trainieren Sie dann weiter?

Starzmann: In den letzten 18 Monaten sind mir der Verein und die beteiligten Menschen ans Herz gewachsen. Es ist im Leben immer so, dass man vor allem in schwierigen Zeiten neue Freunde gewinnt. So ist das auch bei mir. Ich bin der Meinung, dass wir immer noch erst am Anfang einer neuen glanzvollen SSV-Ära stehen. Diese Zeit möchte ich hier als Trainer miterleben.

Sind Sie momentan zufrieden mit der Leistung des SSV? Wo gibt es Schwachstellen?

Starzmann: Es gibt immer etwas zu verbessern. Momentan gibt es aber nicht viel zu kritisieren. Wir haben ja eine phantastische Serie mit siebzehn Spielen ohne Niederlage hingelegt, mit gerade mal acht Gegentoren. Wo wir uns sicherlich noch verbessern müssen, ist beim konsequenten Ausnützen der Torchancen.

Gab es Zeiten, in denen Sie dachten: »Jetzt reicht's! Ich höre auf«?

Starzmann: Das gab's in der letzten Saison, da war die Situation viel dramatischer, für mich und meine Familie. Aber das ist vergessen. Man hat jetzt den Aufstieg vor Augen, und ich werde versuchen, das Schiff dorthin führen, wo es hin gehört: in die Regionalliga.

Was war Ihr größter Erfolg mit einem Team? Und was das schlimmste Erlebnis?

Starzmann: In jeder Saison gibt es bestimmte Highlights, die einem Trainer immer in Erinnerung bleiben. Oft sind es gar nicht Aufstiege und Pokalsiege. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen, das beide Fragen vereint: Wir sind mit dem SV Bonlanden WFV-Pokalsieger geworden und haben uns dadurch für den DFB-Pokal qualifiziert. Als Gegner kam der Bundesligist VFL Bochum mit Klaus Toppmöller als Trainer. Eine Woche lang haben wir Tag und Nacht gearbeitet, um das Bonlandner »Sportplätzle« mit Steh-Tribüne und Überdachungen für dieses Spiel vorzubereiten. Schließlich kamen über 4 000 Zuschauer. Wir mussten ohne Sturm spielen, da beide etatmäßige Angreifer im Urlaub waren. Nach 78 Minuten stand es plötzlich 2:0 für uns, und für wenige Minuten unglaubliche Minuten hatten wir den Traum der Sensation. Wir haben dann ganz unglücklich mit 2:4 nach Verlängerung verloren. In der nächsten Runde wären wir auf Schalke 04 getroffen.

»Wenn 4 000 Menschen aufstehen und klatschen, bekomme ich Gänsehaut«

Welche Bedeutung haben die Fans für Sie?

Starzmann: Die Fans haben eine sehr große Bedeutung für mich. Wenn ich beispielsweise die Haupttribüne bitte, uns zu unterstützen, und wenn dann 4 000 Zuschauer aufstehen und klatschen, da bekomme ich sogar jetzt eine Gänsehaut, wenn ich nur davon spreche. Und den Spielern geht das genauso.

Was denken Sie, wer Weltmeister wird?

Starzmann: Ich glaube, dass Deutschland eine super WM spielen wird. Den Heimvorteil darf man nie unterschätzen. Mittlerweile haben wir ja super Fußball-Arenen, die zum Hexenkessel werden können. Eines ist jedoch sicher: Wir sind alle bereits jetzt schon Weltmeister, weil wir diese WM bei uns im Land erleben dürfen.

Wenn Sie drei Freikarten bekommen würden, für welche Spiele würden Sie sich entscheiden?

Starzmann: Natürlich für das Finale, ein Zwischenspiel, bei dem Brasilien dabei ist und ein Zwischenspiel, bei dem Deutschland spielt. (ZmS)



Tayfun Uysal, Enes Akici und Nadim Faour, Eichendorff-Realschule, Klasse 8 a