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Ein Jahr mit gehörlosen Kindern

Die Reutlingerin Lea Schäfer hat ihren Bundesfreiwilligendienst in einer Kindertagesstätte für Gehörlose und Schwerhörige in Neuwied gemacht

Erzieher benutzen einfache Gebärden, um sich schon mit den Kleinsten zu verständigen. Foto: dpa
Erzieher benutzen einfache Gebärden, um sich schon mit den Kleinsten zu verständigen.
Foto: dpa

REUTLINGEN. Lea Schäfer aus Reutlingen verbrachte ein Jahr in Neuwied in Rheinland-Pfalz, um hörbehinderte Kinder im Alter von zwei bis sieben Jahren zu betreuen. ZmS-Reporterin Clara Nöthen vom Albert-Einstein-Gymnasium, Klasse 9a, hat Lea zu ihrer Arbeit befragt, die sie im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes an einer Kindertagesstätte für Gehörlose und Schwerhörige leistete.

 

ZMS: Was gehörte zu deinen Aufgaben?

Lea Schäfer: Ich arbeitete in einer integrativen Gruppe. Das heißt, dass Schwerhörige und Gehörlose mit Kindern, die hören können, aufwachsen. Dort war es meine Hauptaufgabe, die Kinder zu unterstützen. Allerdings hatte ich manchmal auch Aufgaben wie Putzen und Wäsche wegbringen. Viele Kinder hielten auch Mittagsschlaf. Manchmal habe ich diese Phase des Tages betreut.

 

Wie kommunizieren die vermindert hörfähigen Kinder mit ihren Mitschülern, die hören können?

Lea: Die anderen Kinder in der Gruppe sind zwar meist noch sehr klein, jedoch strengen sie sich an, Gebärdensprache zu lernen. Viele müssen erst Deutsch lernen, da sie zum Teil Sprachentwicklungsstörungen haben. Wir haben auch Lieder gesungen und sie mit Gebärden unterstützt. Schon im Kindergartenalter fangen die Kinder an, die Sprache zu lernen.

 

Wie kommen die Familien damit klar, dass ihr Kind hörgeschädigt ist?

Lea: Es gibt Kinder, deren Eltern auch gehörlos sind. Das ist ein weniger großes Problem für beide Seiten, da die Kinder damit aufwachsen. Jedoch gibt es Kinder, deren Eltern hören können und deren Familien keinerlei Erfahrung mit Gehörlosigkeit haben. Diese Familien ziehen entweder um, um näher an der Schule zu sein, oder sie geben ihre Kinder in ein Internat, denn so viele Schulen für Gehörlose gibt es in Deutschland gar nicht. In Neuwied gibt es eine Schule und eine Berufsschule . Die Eltern all dieser Kinder strengen sich an, Gebärdensprache zu beherrschen. Nur so können sie sich mit ihrem Kind verständigen. Man merkt, dass ihnen dies am Herzen liegt. Es ist schön zu sehen, dass die Eltern ihre Kinder so unterstützen.

 

Wie kommen die Kinder mit ihrer Behinderung zurecht?

Lea: Dadurch, dass die Kinder, die ich betreut habe, sehr klein sind und damit aufwachsen, ist es für sie oft kein großes Problem. Deswegen finde ich gerade die integrative Gruppe schön, denn dadurch wachsen die Kinder zusammen auf. Es ist egal, ob man hören kann oder nicht, hier akzeptiert sich jeder. Außerhalb des Kindergartens und wenn sie älter werden, denke ich, dass sie leider mit Problemen konfrontiert werden.

 

Gab es eine Geschichte, die dich besonders berührt hat?

Lea: Es gibt so manche traurige Geschichten, die man mitbekommt. Auch bei den Familien, von denen man weiß, dass es mit den Kindern zu Hause nicht so gut klappt. Klar, dass man an der Familiensituation nichts ändern kann, aber wir als Betreuer im Kindergarten haben die Chance, ihnen zu helfen und sie zu unterstützen. Man steht morgens auf und freut sich auf den Tag, denn man kann Kindern helfen. Dies ist ein einzigartiges Gefühl.

Was hast du persönlich bei deinem »Bufdi« gelernt?

Lea: Ich bin selbstbewusster geworden und habe gelernt, mehr auf Leute zu zugehen. Es fällt mir leichter, mich mit Leuten zu unterhalten. Ich bin offener geworden. Dadurch habe ich während meines Aufenthalts in Neuwied viele neue Menschen kennengelernt.

Würdest du anderen empfehlen, sich sozial zu engagieren, vielleicht bei einer Institution für Gehörlose?

Lea: Ja, ich kann das nur empfehlen. Vor allem, wenn man Kinder mag, ist es toll, in einen Kindergarten zu gehen. Ich habe sehr viel Neues dazugelernt, unter anderem, wie die Gebärdensprache funktioniert. Man bekommt neue Eindrücke und kommt von dem weg, was man schon kennt. (ZmS)

 

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