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Aktuell Rechtsstaat

»Die Welt etwas besser oder zumindest fairer machen«

Richter ist mehr als ein Job: Amrei Duncker und Sierk Hamann erfüllen mit ihrer Arbeit am Amtsgericht auch eine gesellschaftliche Aufgabe

Nicht nur im Gerichts-Saal, sondern auch im gesellschaftlichen Zusammenleben gelten Regeln des Respekts und Anstands.
Nicht nur im Gerichts-Saal, sondern auch im gesellschaftlichen Zusammenleben gelten Regeln des Respekts und Anstands.
Nicht nur im Gerichts-Saal, sondern auch im gesellschaftlichen Zusammenleben gelten Regeln des Respekts und Anstands.

REUTLINGEN. Sich an einige Regeln zu halten, ist notwendig für ein friedliches Zusammenleben. Wenn eine Person sich nicht an die vom Staat aufgestellten Regeln hält, entscheidet das Gericht über eine Strafe, die dem Vergehen gerecht wird. Dieses Verfahren hat uns, Schüler der Waldorfschule in Engstingen, sehr interessiert und darum haben wir das Gericht in Reutlingen besucht. Wir durften bei einigen Verhandlungen dabei sein und ein Interview mit den Richtern Amrei Duncker und Sierk Hamann führen.

Seit wann sind Sie schon Richter(in)?

Amrei Duncker: Seit etwa einem Jahr und zwei Monaten.

Sierk Hamann: Seit dem Jahr 2000.

Macht Ihnen Ihr Beruf Spaß?

Duncker: Ja, er ist sehr abwechslungsreich. Zwar bekommt man mit der Zeit eine gewisse Routine, aber es stellen sich immer neue Einzelfragen und es sind ganz unterschiedliche Menschen, mit denen wir zu tun bekommen.

Hamann: Ja, das ist ein sehr erfüllender Beruf. Man kann vielen Menschen helfen und im ganz, ganz Kleinen die Welt etwas besser oder zumindest fairer machen.

Würden Sie Ihren Beruf weiter empfehlen?

Duncker: Auf jeden Fall. Der Beruf ist herausfordernd und abwechslungsreich. Man kann seinen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Diese braucht einen funktionierenden Rechtsstaat.

Hamann: Die Justiz ist nicht nur ein Arbeitgeber. Man hat einen Beruf. Das kommt von Berufung und bedeutet, dass man auch eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt, als Mensch, aber auch im Amt.

»Ein ›Der-hat-es- aber-verdient‹ darf es nicht geben«

Arbeiten Sie schon immer in Reutlingen als Richter/Richterin?

Duncker: Ich war für mein Referendariat erst in Hessen und bin seither hier in Reutlingen am Amtsgericht.

Hamann: Ich habe schon in Berlin, Bad Urach und Stuttgart als Richter gearbeitet. Eine Zeit lang sogar als Pressesprecher im Ministerium. Wer mag, kann im Laufe seine Berufslebens viele Stationen erleben. Das erweitert den Horizont. Man hat aber auch die Möglichkeit, sich zu spezialisieren. Ich lerne, obwohl ich schon einige Zeit Jugendrichter bin, noch jede Woche etwas Neues dazu. Erfahrung ist auch sehr viel wert.

Hatten Sie schon einmal einen Fall, bei dem Sie nicht mehr weiter wussten?

Duncker und Hamann: Ja, wenn ich mir mal nicht sicher bin, unterbreche ich die Sitzung und überlege solange, bis ich eine Lösung gefunden habe.

Fällt Ihnen ein Fall ein, von dem Sie im Nachhinein dachten, dass Sie falsch gehandelt haben?

Duncker: Fehler passieren natürlich jedem, davon sind wir Richter und Staatsanwälte leider nicht ausgenommen. Aber wenn ich einen Menschen verurteile, muss ich schon wirklich überzeugt davon sein, dass die Tat auch so begangen wurde. Hier sorgfältig zu arbeiten und möglichst keinen Fehler zu machen, ist mir ganz besonders wichtig. Wenn ich nicht überzeugt bin, überlege ich zunächst, ob es möglich ist, den Sachverhalt mit anderen Zeugen oder weiteren Beweismitteln weiter aufzuklären. Wenn das scheitert, spreche ich den Angeklagten frei.

Hamann: Ich glaube, ich habe viele freigesprochen, die eigentlich schuldig waren. Damit kann ich leben. Freigesprochen wird nur, wenn alle Möglichkeiten, die Wahrheit zu finden, ausgeschöpft sind. Im Zweifel für den Angeklagten! Ich sage immer: »Wir sind die Guten.« Wir haben eine große staatliche Gewalt, eine sehr wertvolle Unabhängigkeit. Das bedeutet aber viel Verantwortung und – hoffentlich – das Wissen um die eigenen Grenzen. Wenn wir nicht weiter wissen, dann wird im Zweifel nicht verurteilt. Ein »Der-hat-es-aber-verdient« darf es nicht geben.

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Viele kennen das Gericht aus dem Fernsehen oder eigener Erfahrung, aber für uns Schüler war es eine völlig neue Erfahrung. Ein Mann war wegen Körperverletzung und Bedrohung angeklagt, er soll seine Ehefrau ins Gesicht geschlagen haben und dabei war er nach Aussage eines Zeugen betrunken. Es dauerte eine Weile, bis alle Zeugen ausgesagt hatten und der Richter ein Urteil gefällt hatte. Der Mann wurde schuldig gesprochen und zu 30 Tagessätzen je 75 Euro verurteilt. Der Richter blieb immer ruhig, obwohl es öfter Diskussionen zwischen dem Ehepaar gab. Es war eine sehr spannende Erfahrung und wir waren alle fasziniert von dem, was wir am Gericht gesehen und gehört haben. (ZmS)

Clarissa Hinger, Aleyna Köse, Samira Simsek, Angelina Sterr, Elisabeth Ulmer, Hannah Zeller, Joscha Kromer, Jeremia Pearson, Freie Waldorfschule auf der Alb, Klasse 8