Deshalb haben wir eine Umfrage gestartet und dabei 75 Jugendliche (Jungen und Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren) in der Reutlinger Innenstadt und an unserer Schule befragt. Wir haben vier Teilfragen bezüglich der spezifischen und allgemeinen US-Außenpolitik gestellt.
Zu den Altersgruppen ist zu sagen: Je älter die Befragten waren, desto informierter wirkten sie und desto fundierter argumentierten sie. Dabei hat sich uns ein relativ klares Bild erschlossen, welches in den obenstehenden Diagrammen veranschaulicht wird.
Furcht vor einem Krieg
Wie man an Diagramm 1 erkennen kann, ist die Reutlinger Jugend mit der amerikanischen Form der Anti-Terrorpolitik vor allem im Irak und im Afghanistan sehr unzufrieden. Über 80 Prozent der Befragten sprechen sich gegen die aktuelle Vorgehensweise aus. Patrick (17) sagt: »Das ist nur ein Rachekrieg für seinen - George W. Bush - Big Daddy und für Öl.«
Diese Resonanz der Jugendlichen wird wohl durch das große Medieninteresse hervorgerufen, da sie bei dieser Teilfrage einen recht interessierten und aufgeklärten Eindruck auf uns gemacht haben. Dabei sind viele für ein Vorgehen gegen den Terrorismus, finden jedoch, dass es dabei keine zivilen Opfer geben dürfe.
Bei der Frage zum Atomstreit zwischen der UN und dem Iran beziehungsweise Nordkorea wird in Diagramm 2 ersichtlich, dass zwar die Jugendlichen immer noch stark für eine diplomatische Lösung (EU, Russland und China) anstatt der militärischen Lösung der USA sind, wobei jedoch die männlichen Befragten zu mehr Druck in Form von Wirtschaftssanktionen, militärischer Gewalt et cetera neigen. Eine häufig genannte Begründung der Ablehnung von mehr Druck war die Furcht vor einem möglichen Atomkrieg oder gar einem dritten Weltkrieg.
Auf die Frage, ob sie es gut fänden, dass die USA versuchten, ihre Staatsform in anderen Ländern, zum Teil auch gewaltsam, zu verbreiten, reagierten viele Befragte ablehnend und meinten, die Amerikaner sollten erst ihre eigene Demokratie stabilisieren, bevor sie diese den anderen Nationen »aufzwängen«. Daniel (16) sagt: »Die Amis sollen aufhören, die anderen zu bekehren.« Viele waren auch der Meinung, die USA spiele sich zu sehr als Großmacht auf und solle nicht so sehr die »Weltpolizei« mimen. Jedoch befanden auch viele eine friedliche Einmischung für richtig und zum Teil auch nötig.
Besonders bei den Mädchen war die Meinung zur Mexiko-Politik der Amerikaner besonders eindeutig. Beinahe 90 Prozent fanden, die Mauer sei überflüssig und überreizt. Vielen war das Problem klar, jedoch wurde als Lösungsvorschlag meist eine Einwanderungsbegrenzung oder ein Einwanderungstest nach schwedischem Vorbild eingewandt. Hier steht ein allgemeiner Test, über das Land in das man einwandern will, an. Viele meinten außerdem, die Amerikaner sollten anstatt eine Mauer zu bauen der mexikanischen Regierung zur Seite stehen. Malte (17) meint: »In das Land der 1000 Möglichkeiten sollte man schon hereinkommen können.«
Man kann also im Allgemeinen sagen, dass die US-amerikanische Außenpolitik bei der Reutlinger Jugend nur sehr wenig Zuspruch findet. Diese Meinung beruht weitestgehend auf den vielen militärischen Aktionen der USA der vergangenen zehn Jahre und der Sichtweise, die USA würde ihre Großmachtstellung für eigene Zwecke missbrauchen. Natürlich gab es auch Zuspruch, der sich jedoch sehr in Grenzen hielt und nur für die allgemeinen Schritte galt, zum Beispiel die Anti-Terrorismus-Politik. Jedoch müssen wir erwähnen, dass viele der Befragten sich auf diesem Gebiet unsicher verhielten und zum Teil auch Desinteresse zeigten oder zugaben.
Lust auf politische Information
Die Schuld dafür kann nicht nur bei den Jugendlichen selber liegen, sondern ist zum Großteil durch fehlende Aufklärung und Förderung zu erklären. Hierbei gibt es viele Faktoren: Gesellschaftliche und politische Fächer haben in Schulen nur sehr wenig Einfluss auf die Jugendlichen, da diese Fächer erst recht spät in den Stundenplan aufgenommen werden - im Gymnasium erst ab Klasse 10 - und da sie nur als Nebenfach bewertet werden.
Weiterhin gibt es nur sehr wenige Anreize, sich politisch zu informieren. Es gibt zwar genügend Quellen - öffentliche Medien, Veranstaltungen, das Deutsch-Amerikanische Institut Tübingen und weitere - , jedoch sind diese nicht für Jüngere geeignet. So sind die Informationen in Zeitungen sehr schwer zu verstehen, und die Nachrichtensendungen setzen bereits ein Grundwissen voraus, welches Jugendliche sich erst erarbeiten müssen. Dadurch wird ein späteres Interesse und Engagement sehr erschwert. Wenn man ihnen schon von klein auf ein Grundwissen vermitteln würde, wäre es später leichter, die politischen Ereignisse zu verstehen und sich von ihrer Komplexität nicht mehr abschrecken zu lassen.
Hier haben die Medien eine große Verantwortung. Bei dem bekanntlich sehr hohen Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen hätten Sendungen wie »Die Sendung mit der Maus«, oder »Logo«, die politisches und gesellschaftliches Wissen in altersgerechter Form vermitteln, großen Einfluss. Auch die Eltern müssen ihren Teil durch die Aufklärung der Kinder über diese Themen beitragen. Ein weiterer Lösungsvorschlag wären vielleicht Politik-AGs in Schulen, die sich ausschließlich mit den Neuigkeiten in Politik und Gesellschaft befassen.
Abschließend möchten wir dem Jugendgemeinderat Reutlingen noch einen Anstoß geben. Es würde uns sehr freuen, wenn dieser durch Veranstaltungen, Magazine oder Ähnliches die Jugendlichen über die aktuellen Vorgänge informieren und sie somit dafür interessieren würden. (ZmS)
Simon König, Paul Poletajew, BZN- Gymnasium, Klasse 10c