Der Steg ist noch ganz neu und das Holz ist noch sehr frisch, denn er wurde erst vor Kurzem fertiggestellt. Lene Päßler erklärt, dass der See nur etwa 50 bis 70 Zentimeter tief ist und es im See, im Schilf und auf den Feuchtwiesen sehr viele Tiere gibt. »Hier leben Welse, Hechte, Schlangen, Frösche, Rehe und Vögel.« Erstaunte und erwartungsvolle Blicke folgen Lene Päßler, die nun kurzerhand über das Geländer des Stegs klettert und sich auf den feuchten Grasboden stellt. Anschließend fängt sie vorsichtig an, mit den Knien zu wippen und die ganze Gruppe ist davon begeistert, wie nun der Boden wackelt.
»Im Oktober sammeln sich die Stare wie eine große schwarze Wolke«Fragende Blicke werden ausgetauscht, als Lene Päßler dann die Frage stellt, wie hoch die Grasschicht denn hier sein könnte und ob es wohl ein Hoch- oder ein Niedermoor sei. Zuerst geht ein Schweigen durch die Runde, aber schließlich antwortet ein großer Mann mit braunen Haaren und einer Sonnenbrille: » Ich schätze, die Grasschicht ist ungefähr 30 Zentimeter dick und es müsste ein Niedermoor sein, denn Hochmoore gibt es doch nur auf Bergen.«
Lene Päßler antwortet ihm: »Vieeeeel dünner ist die Grasschicht und ja, sie haben recht, es ist ein Niedermoor. Aber der Unterschied zwischen Hoch- und Niedermoor liegt darin, dass sich ein Hochmoor nur vom Regenwasser speist, und Niedermoore so wie hier werden durch das Grundwasser gespeist. Es hängt also nicht davon ab, auf welcher Höhe das Moor liegt.«
Danach klettert Lene Päßler wieder zurück auf den Steg und verrät mit einem Lächeln, dass die Grasschicht tatsächlich nur etwa zehn Zentimeter dick ist, darunter folgen dann rund 16 Meter Moor, außerdem speichern Moore sehr viel CO2. Die Gruppe läuft weiter den Steg entlang, der nun rechts und links vom Schilf eingerahmt wird. Kurz darauf gibt es im Steg auf jeder Seite eine kleine Ausbuchtung mit Bänken.
Hier lassen sie sich nieder und Lene Päßler zieht alle in ihren Bann, indem sie anmerkt: »Bestimmt kennen Sie alle das Sprichwort: Der schimpft wie ein Rohrspatz.« Ein Nicken geht durch die Runde, dann fährt sie fort: » Das kommt von einem kleinen Vogel, der hier im Schilf lebt, er heißt Schilfrohrsänger und kann sich mit seinen Füßen um die Schilfrohre klammern und sich so am Schilf festhalten. Dieser kleine Vogel pfeift immer morgens und abends, er schimpft richtig! Daher kommt das Sprichwort.«
Die ganze Gruppe ist von Lene Päßlers Geschichten gefangen und hört weiter genau zu. Lene Päßler beschreibt, wie sich die Insekten im Winter in den hohlen Stängeln des Schilfs verstecken. »Die Schilfrohrsänger picken dann mit ihrem Schnabel ein Loch in das Schilf und fressen die Insekten«, sagt sie, indem sie ein angepicktes Schilfrohr in die Runde zeigt. Alle sind von Lene Päßler und dem Schilfrohrsänger fasziniert, doch da meldet sich ein Mädchen mit neugierigem Blick und einem langen, blonden Flechtenzopf, der auf ihrem Rücken baumelt: »Aber wie wissen sie denn, in welches Schilfrohr sie picken müssen, oder picken sie einfach drauf los?«
»Nein«, antwortet Lene Päßler, »die Schilfrohrsänger horchen tatsächlich zuerst und picken dann los.« Aber nicht nur kleine Vögel wie die Schilfrohrsänger, sondern auch die Stare suchen im Schilf nach Insekten. Doch sie horchen nicht, sondern fliegen in einem Schwarm ins Schilf und scheuchen die Insekten auf, um sie dann zu fressen und das Schilf nach kurzer Zeit wieder zu verlassen.
»Im Oktober sammeln sich die Stare«, erklärt Lene Päßler, »dann ist es wie eine große schwarze Wolke und man sollte aufpassen, sonst kann es sein, dass 'Glück' von oben kommt, aber außerdem ist es furchtbar laut, das kann ich Ihnen sagen.«
»Man sagt, unsere Schwäne hier am Federsee rosten«Später kommt die Gruppe an einer Holzhütte vorbei zu einem kleinen Aussichtsturm. Alle steigen die wenigen Stufen nach oben und genießen die Aussicht auf einen kleinen Teil des Sees, mit Schilf umrandet. Es ist ein toller Anblick.
Nun verrät Lene Päßler das große Geheimnis der roten Schwäne am Federsee. »Sie sehen doch bestimmt alle diesen Schwan mit dem roten Häubchen, dort auf der anderen Seite«, sie zeigt mit ihrer Hand auf den Schwan, »man sagt, unsere Schwäne hier am Federsee rosten. Eigentlich rosten sie aber gar nicht wirklich, das rote Häubchen kommt daher, dass die Schwäne, wenn sie untertauchen, den Seegrund berühren. Deswegen bleibt Schlamm in den Federn auf ihrem Kopf hängen. In diesem Schlamm sind viele Eisenpartikel, die dann an der Luft rosten, deshalb haben die Schwäne hier ein rotes Häubchen«, berichtet Lene Päßler. Alle sind begeistert und beeindruckte Gesichter schauen dem Schwan hinterher.
Am Ende der Führung und auch des Steges betritt die Gruppe eine etwas größere Plattform, auf der sich das ganze Panorama öffnet: der ganze Federsee, die Seerosen, die Blesshühner, Enten, Schwäne und die Landschaft um den See herum. Jetzt schaut Lene Päßler in die Runde ihrer Zuhörer und fängt zum letzten Mal an, eine ihrer vielen kurzen aber spannenden Geschichten zu erzählen: »Diese Ente erinnert mich daran, wie mein Kollege mir erzählte, dass ein Wels kam, es 'woup' machte und die Ente weg war«.
Alle sind erschrocken und zugleich erstaunt und starren auf die Ente, da sagt Lene Päßler: »Ich konnte es am Anfang auch nicht glauben, bis ich es dann selbst erlebte, als ich einer anderen Gruppe davon erzählen wollte. Ich zeigte auf eine Ente, sah kurz weg, drehte mich dann wieder um, es machte 'woup' und die Ente war weg.« (ZmS)
Ilka Rist, Albert-Einstein-Gymnasium Reutlingen, Klasse 10a