ZmS: Ernest, wie kam die Gruppe zu ihrem Namen? Hast du Hemingway gelesen?
Ernst Streicher: Wir hießen früher SSPB - das bedeutet »Schwäbisch Scandal Plagiat Band« - dann Backstairs, danach wieder SSPB. Wegen den in der Abkürzung enthaltenen Buchstaben »SS«, die ja geschichtlich negativ besetzt sind, wollte sich die Band im Jahr 1980 einen neuen Namen geben. Da mein Vorname Ernst ist und ich als Leadsänger meistens vorne stehe, kamen einige Leute der Band zu vorgerückter Stunde und in durchaus nicht mehr ganz nüchternem Zustand auf die jetzige Namensgebung. Irgendeinen tieferen Sinn hat dies nicht, der Name entstand einfach aus einer Bierlaune heraus. Hemingway habe ich nicht gelesen, kenne aber natürlich seinen Werdegang als Kriegsberichterstatter und Macho. Damit möchten wir uns aber nicht identifizieren.
Auf der Internet-Seite steht nicht, wie alt ihr seid - hat dies einen Grund?
Streicher: Keineswegs, wir halten dies auch nicht für notwendig. Ich finde, dass unsere Musik ziemlich zeitlos ist und sowohl jüngere als auch »ältere« Leute - solche wie uns selbst - anspricht. Das Alter ist nicht entscheidend.
»Die Band freut sich, wenn wir beim Gig gut ankommen«
Warum spielst du in der Band?
Streicher: Es macht mir einfach Spaß, auch heute noch. Früher waren natürlich auch Mädchen wichtig, man wollte groß rauskommen. Das hat sich heute jedoch gelegt. Die Band freut sich, wenn wir beim Gig gut ankommen, wenn der Sound nach vorne und der Bühnensound in Ordnung sind und es den Leuten gefallen hat. Finanzielle Gründe spielen keine Rolle, da man mehr in die Band hineinsteckt, als letztendlich dabei rauskommt.
Wie kam es zur Gründung?
Streicher: Das war im Sommer 1973. In Metzingen gab es ja schon immer eine rege Musikszene. Ich selbst mache schon seit 1966 Musik, damals hatten wir die Schülerband »The Shouts« mit einigen Schülern des Metzinger Gymnasiums. Später kam »Mixed Up«, 1973 spielte ich bei »Knochen«. Dort war man allerdings mit meinen Sangeskünsten nicht zufrieden, weshalb ich die Gruppe verließ. Zur gleichen Zeit hatte sich eine andere Band formiert, die mich fragte, ob ich mitmachen wolle. Ich sagte zu, bestand aber auf meiner Konzeption mit Bläsersatz, womit die anderen einverstanden waren. Dies war dann letztendlich die Geburtsstunde von »Ernest«.
Welche Stadien durchlief die Gruppe?
Streicher: Anfänglich setzte sich der Kern der Band, die Rhythmusgruppe, aus Metzinger Musikern zusammen, die aber praktisch alle in Tübingen studierten. Hauptsächlich dort fanden wir unsere Bläser, wir spielten damals mit acht Leuten. Es gab aber immer wieder Umbesetzungen, wenn einer nach dem Studium wegzog. Ein paar Jahre lang spielten wir nur mit einem Bläser, damals hießen wir Backstairs. Seit etwa zehn Jahren haben wir keine wesentliche Fluktuation mehr, wir haben konstant zehn Musiker. Insgesamt spielten seit der Gründung 40 bis 45 Leute bei uns.
Sind alle Mitglieder der Band Berufsmusiker?
Streicher: Nein, nur zwei sind Musiklehrer. Die anderen haben Berufe wie Tontechniker beim SWR, Gymnasiallehrer oder Rechtsanwalt. Für jeden ist die Band aber nur ein Hobby, Geld verdient man dabei nicht.
Wie schaffen du und die anderen Bandmitglieder es, die Band neben dem Beruf her aufrechtzuerhalten?
Streicher: Da muss man natürlich Prioritäten setzen wie bei jedem Hobby. Zuerst kommt natürlich der Beruf, in der Freizeit aber als Erstes die Musik. Manchmal beißt sich das schon etwas, aber bisher haben wir das immer noch unter einen Hut gekriegt.
»Wir konzentrieren uns mehr auf das Covern von bekannten Titeln«
Gibt es Mitglieder, die besonders viel für die Band leisten?
Streicher: Ja, das ist eigentlich wie in jedem Verein. Beispielsweise schreibt Pete, unser Bassist, die Noten für die Bläser, Jacques und Klaus betreiben das Management und Loki verwaltet zentral die Termine.
Ihr spielt viele bekannte Stücke nach, gibt es auch eigene?
Streicher: Ja, wir haben ein paar eigene Nummern, spielen diese aber selten live. Wir konzentrieren uns doch mehr auf das Covern von bekannten Titeln, das kommt unserer Meinung nach für den Rahmen, in dem wir spielen, einfach besser an.
Wie oft tretet ihr im Jahr auf und wie viel Vorbereitung braucht ihr für einen Auftritt?
Streicher: Wir spielen rund 15 bis 20 Mal im Jahr, das reicht eigentlich. Vorbereitung im eigentlichen Sinne brauchen wir nicht, wir proben einfach möglichst regelmäßig freitagabends und üben dabei auch neue Stücke ein.
Zu welchen Anlässen seid ihr bereit aufzutreten?
Streicher: Wir spielen eigentlich überall dort, wo wir von der Größe her reinpassen. Nicht jeder kann sich schließlich 10 Mann auf die Bühne stellen. Im Sommer sind wir oft auf Open-Airs oder bei Stadtfesten wie in Metzingen und Stuttgart. Wir treten aber auch bei Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten auf, allerdings wirklich mit unserem Programm und nicht mit irgendwelchen Schlagern oder sonstiger Tanzkapellenmusik. Außerdem sind wir bei den in letzter Zeit öfters veranstalteten Musiknächten wie in Nürtingen oder Lindenberg zu hören. Ein ganz wichtiger Kult-Termin ist für uns seit über zehn Jahren der zweite Weihnachtsfeiertag im Hirsch in Glems. Das will sich keiner von uns nehmen lassen.
Man sieht dich bei Auftritten oft mit weißem Hut, dunklem Jackett, schwarzer Krawatte und Sonnenbrille. Gefällt dir das?
Streicher: Ja nunÉ dieses Outfit hat sich irgendwann einmal ergeben. Die Sonnenbrille stammt noch von meiner Mutter, ich habe die Brille vor dem Müll gerettet. Es kam die Krawatte und das Jackett dazu, schließlich spielen wir ja auch Titel der Blues Brothers. Den Hut hat mir mal die Band zum Geburtstag geschenkt, und alles zusammen gefällt mir doch recht gut.
Wie fühlt man sich nach einem gelungenen Auftritt, kannst du einen Vergleich machen?
Streicher: Wir sind dann richtig zufrieden und freuen uns, wenn das Publikum uns gut fand und seinen Spaß hatte. Andererseits strengt ein Gig auch an, was sich aber meistens erst am nächsten Tag so richtig auswirkt. Das ist wie am Abend nach einem anstrengenden, aber erfolgreichen Tag.
Die Band hat bis jetzt eine CD im Jahr 1995 herausgebracht. Das ist schon lange her. Ist eine weitere geplant?
Streicher: Ja, da sind wir gerade dran. Zurzeit nehmen wir im Studio des SWR in Tübingen einige Stücke auf, auch zwei eigene sind wieder dabei. Wir hoffen auf ein Release im Lauf des nächsten Jahres.
»Ernest and the Hemingways« besteht schon ziemlich lange. Hat die Gruppe sich einen Punkt gesetzt, an dem sie aufhören will?
Streicher: Nein. Wir machen das noch so lange, wie zum einen die Bandmitglieder wollen und können und zum andern es Leute gibt, die unsere Musik hören wollen. Wir sind immer wieder erstaunt, dass Leute im Alter unserer Kinder zu den Konzerten kommen und dies gut finden, beispielsweise vor einiger Zeit im Metzinger Club Thing, den einige von uns vor über 30 Jahren mit aus der Taufe gehoben haben. So lange das so läuft, machen wir mit Spaß weiter. (ZmS)
Timo Streicher, Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, Metzingen, Klasse 10 c