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Aktuell INTERVIEW

Cannabis legalisieren oder nicht?

Hans Köpfle, Leiter der Jugend- und Drogenberatung in Tübingen, beantwortet Fragen zum Thema

Cannabis.
Cannabis. Foto: Matt Masin
Cannabis.
Foto: Matt Masin

MÖSSINGEN. Sollte Cannabis legalisiert werden oder lieber verboten bleiben? Diese Frage wird in Deutschland immer wieder diskutiert. So auch jetzt wieder. Die Schüler Union, die jüngste Nachwuchsorganisation der Unionsparteien, forderte jüngst, dass Besitz und Abgabe von Cannabis an Menschen ab 21 Jahren nicht mehr strafbar sein sollten. Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, -Daniela Ludwig, fordert eine neue Cannabis-Debatte. Ich will wissen, was eine Suchtberatungsstelle zum Thema Legalisierung von Cannabis sagt. Deshalb habe ich Hans Köpfle interviewt, den Leiter der Jugend- und Drogenberatung in Tübingen.

»Bei Cannabis herrscht eine hohe Suchtgefahr«

ZmS: Herr Köpfle, Sie sind täglich im Kontakt mit Menschen mit Suchtproblematik. Wie viele davon sind tatsächlich wegen Cannabiskonsum bei Ihnen?

Hans Köpfle: 2018 gab es 280 Cannabissüchtige, die sich bei uns gemeldet haben. 279 Personen davon hatten ihren ersten Kontakt mit der Droge in dem Alter von zwölf bis 18 Jahren. Je früher man Drogen zu sich nimmt, desto schwieriger kommt man von ihnen wieder weg.

Was halten Sie davon, dass Cannabis auch als Medizin gegen Angst und Schmerzen verschrieben wird?

Köpfle: Wenn der Arzt dies verschreibt, dann wird das auch berechtigt sein, da er sehen kann, ob es dem Patienten wirklich hilft.

 

Denken Sie, dass Patienten nach der Cannabisbehandlung süchtig werden?

Köpfle: Wenn man Cannabis auf lange Zeit regelmäßig konsumiert, besteht eine hohe Suchtgefahr. Dies gilt nicht nur für Cannabis.

Bevor Daniela Ludwig Drogenbeauftragte der Bundesregierung wurde, hatte Marlene Mortler dieses Amt. Sie wurde in einem Interview gefragt, warum Alkohol in Deutschland erlaubt ist, aber Cannabis nicht, obwohl Alkohol im Jahr 100 000 Tote verursache, Cannabis aber keine. Mortlers Antwort war: »Weil Cannabis eine illegale Droge ist.« Was halten Sie von dieser Aussage?

Köpfle: Ich sehe keinen Anlass dazu, Frau Mortler zu bewerten, da das nicht unser Job ist. Aber ihre Antwort auf die Frage finde ich zu etwas zu kurz gegriffen. Diese Aussage muss mehr ausgeführt werden.

 

 

In den Niederlanden, Spanien, Uruguay und auch noch in anderen Ländern ist Cannabis legalisiert. Denken Sie, dass das auch in Deutschland passiert?

Köpfle: Es gibt Tendenzen in diese Richtung, aber man kann es nicht sagen.

Angenommen, Cannabis würde legalisiert werden: Würde das bedeuten, dass zum Beispiel Alkohol, der legal ist, weniger konsumiert würde?

Köpfle: Nein, da beides gerne auch mal zusammen konsumiert wird. (ZmS)

Noah Fischer, Evangelisches Firstwald Gymnasium Mössingen, Klasse 8b

 

ZUR PERSON

Hans Köpfle ist Diplom-Psychologe, psychologischer Psychotherapeut und Leiter der Jugend- und Drogenberatung in Tübingen. Außenstellen gibt es auch in Mössingen und in Rottenburg. Der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation (bwlv) ist Träger der Suchthilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe. Der bwlv unterhält 25 Beratungsstellen in 23 Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg. (ZmS)

www.bw-lv.de/beratungsstellen/ jugend-und-drogenberatung-tuebingen