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Aktuell INTERVIEW

14 Verteidiger, ein Staatsanwalt

ENGSTINGEN/TÜBINGEN. Im Dezember 2011 wurde eine Gruppe Drogenschmuggler in Engstingen auf der Schwäbischen Alb gefasst. Die Band hatte 130 Kilogramm Kokain von Ecuador über Belgien nach Engstingen geschmuggelt. Auf dem Schwarzmarkt hätte es über 50 Millionen Euro eingebracht. In Engstingen auf der Alb wurden die Dealer dann von der Polizei, die die Gruppe schon längere Zeit beobachtete, festgenommen. So wird zurzeit der größte Drogenprozess seit 20 Jahren in Baden-Württemberg am Landgericht in Tübingen verhandelt.

Einige der Angeklagten und ihre Anwälte im Gerichtssaal. Das Foto entstand zum Auftakt des Prozesses um einen der größten Kokain
Einige der Angeklagten und ihre Anwälte im Gerichtssaal. Das Foto entstand zum Auftakt des Prozesses um einen der größten Kokain-Schmuggel seit Jahren. Der Wert des in Engstingen sichergestellten Rauschgifts lag bei fünf bis sechs Millionen Euro. Foto: dpa
Einige der Angeklagten und ihre Anwälte im Gerichtssaal. Das Foto entstand zum Auftakt des Prozesses um einen der größten Kokain-Schmuggel seit Jahren. Der Wert des in Engstingen sichergestellten Rauschgifts lag bei fünf bis sechs Millionen Euro.
Foto: dpa
Die ZmS-Reporterinnen Jana Zirkel und Katharina Höfner aus der Klasse 9b am Graf-Eberhard-Gymnasium Bad Urach sprachen mit Oberstaatsanwalt Bernhard Henn, der am Prozess beteiligt ist.

ZmS: Was ist das Besondere an diesem Prozess?

Bernhard Henn: So einen Prozess im Drogenbereich gab es noch nie in Tübingen, mit acht Angeklagten, zum Teil vermutlich aus der mittleren Ebene der Organisation kolumbianischer Drogendealer, 14 Anwälten und Dolmetscher.

»Bei Fällen aus dem Bereich organisierte Kriminalität gelten hohe Sicherheitsmaßnahmen«
Vor dem Gerichtssaal wurden spezielle Sicherheitsmaßnamen ausgehängt und einer der Angeklagten wird mit Fußfesseln hereingeführt. Weshalb?

Henn: Es geht um ein Verbrechen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, in diesen Fällen gibt es immer besondere Sicherheitsmaßnahmen. Hinzu kam, dass es Hinweise auf einen Fluchtversuch während des Transportweges gab. Deshalb gab es zunächst sehr starke Sicherheitsmaßnahmen, nach einigen Verhandlungstagen wurden jedoch die ständigen Personenkontrollen eingestellt. Selbstverständlich sind immer zahlreiche Sicherheitskräfte anwesend.

Wenn man versuchte, der Verhandlung live zu folgen, merkte man, dass es ständige Unterbrechungen in der Verhandlung gab.

Henn: Bei acht Angeklagten und 14 Anwälten gibt es immer wieder Absprachen zwischen den Angeklagten und den Anwälten, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht über die Ober- und Untergrenzen des Strafmaßes des Urteils. Deshalb wurde die Strafverhandlung oftmals unterbrochen, weil diese Gespräche nicht in der Öffentlichkeit geführt werden können. Übrigens ist dies kein Sonderfall bei Strafverhandlungen.

Wie sind die bisherigen Urteile und sind Sie bisher damit zufrieden?

Henn: Es gibt bis jetzt insgesamt vier Urteile, der verdächtige Haupttäter hat elf Jahre und neun Monate bekommen, ein junger Mann neun Jahre, ein anderer Mittäter acht Jahre. Die Frau, die nur das Blackberry-Handy, mit dem auch nachher kommuniziert wurde, von Madrid nach Frankfurt brachte, wurde zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Deren Ehemann, der das Verfahren in Gang setzte, ist jetzt tot.

Die Festnahme fand ja schon im Dezember 2011 statt, weshalb ist die Verhandlung dann erst fast neun Monate später?

Henn: Die Angeklagten wurden im Dezember 2011 festgenommen. Zuerst mal dauerte es drei Monate, bis alle Angeklagten in Deutschland waren, da diese auch in Holland und Spanien festgenommen wurden und so aufwändig hergebracht werden mussten. Nach fünf oder sechs Monaten waren alle Akten gesichtet, die Angeklagten vernommen und somit die Anklage fertig. Da inzwischen Sommerferien waren und für die Verhandlungen nicht nur die Angeklagten, sondern auch das Gericht, die 14 Anwälte und die Dolmetscher anwesend sein mussten, fand der erste Prozesstermin erst vor Kurzem statt. Jedoch ist dies in einem Verfahren von solchem Umfang eine normale Prozessvorbereitungszeit. (ZmS)

Vielen Dank, Herr Henn, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns genommen haben. Für alle, die der Prozess interessiert: die Verhandlungen mit den verbliebenen vier Angeklagten wurden gestern fortgesetzt. Die aktuelle Berichterstattung findet Ihr auf Seite 14. Auch in der Zeit danach hat das Landgericht Tübingen noch mehrere Verhandlungstermine bis in den Februar hinein angesetzt. (ZmS)