Nur ein toter Patient ist ein guter Patient? Diesen Eindruck könnte man angesichts der Schließung weiterer Notfallpraxen auf dem Land gewinnen. Was die ärztliche Versorgung nicht nur auf dem Land angeht, ist es nicht 5 vor 12 sondern weit nach 12! Sofern Minister Manfred Lucha auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116117 verweist, hat er noch keine Erfahrung damit gemacht: Diese Nummer ist permanent belegt und nicht zu erreichen.
Als Gründe für die Schließung der Notfallpraxen wird der Ärztemangel angeführt, der ungelogen überall besteht. Hier sind es aber wohl eher Sparmaßnahmen, die zur Schließung führen, denn es gibt Ärzte, die weiterhin bereit sind, sich in einer Notfallpraxis zu engagieren. Den Grund für die Schließung der Notfallpraxen sehe ich eher im Urteil des Bundessozialgerichts vom Oktober 2023, das von einer Versicherungspflicht der Bereitschaftsärzte ausgeht und damit eine andere vertragliche Gestaltung und zusätzliche Kosten des Bereitschaftsdienstes begründet.
Dass sich Minister Manfred Lucha ohne Weiteres hinter die Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) stellt, überrascht mich nicht. Ich habe Manfred Lucha stets so wahrgenommen, dass er Konflikte scheut, den Weg des geringsten Widerstandes geht und sich einer vermeintlichen »Obrigkeit« fügt. Das Verhalten unserer Minister im Land und Bund zeigt, dass sich Landes- und Bundesregierung längst in der Wahrnehmung der existenziellen Bedürfnisse der Bürger abgekoppelt haben. Jüngstes Beispiel sind die Ausgaben für die Kampagne »neues Landeslogo« in einer Zeit, in der Geld für die Erfüllung der lebenswichtigen Aufgaben an allen Ecken fehlt. Solche Maßnahmen können Sie keinem Bürger mehr begreiflich machen, Sie drängen die Wähler auf diese Weise dazu, ihre Stimmen »Randparteien« zu geben. Verhindert werden kann dies nur, indem sich die Regierenden der Probleme an der Basis annehmen; Kommunalpolitiker weisen ja bereits seit einiger Zeit mehr als deutlich auf die dringendsten Bedürfnisse hin. Aber dazu ist es für die aktuelle Landes- und Bundesregierung wohl zu spät. Es fehlt nicht nur die Einsicht, sondern bereits die Erkenntnis. Abschließend möchte ich mich bei allen bedanken, die sich vehement für die Erhaltung der Notfallpraxis in Münsingen einsetzen und sich dort engagieren. Ich hoffe auf eine Rücknahme der beabsichtigten Schließung.
Beate Volk, Trochtelfingen