Die Diskussionen um die Rettung schiffbrüchiger Afrikaner im Mittelmeer spaltet unsere Gesellschaft. Es ist in sich widersprüchlich, wenn die internationalen Konventionen zur Rettung Schiffbrüchiger herangezogen werden, denn diese Regelungen sind meiner Meinung nach unter dem Aspekt von Schiffsunglücken und Naturkatastrophen zu sehen und nicht für Menschen, die sich bewusst mithilfe von Schleppern der Gefahr auf dem Mittelmeer aussetzen. Jeder, der sich in ein solches Boot setzt, muss damit rechnen, dass er ertrinkt. Warum diese Menschen dieses Risiko eingehen, hat vor allem wirtschaftliche und weniger politische Gründe – keine Zukunftsperspektive und Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa. Also eine Völkerwanderung, die Europa auf Dauer nicht verkraften kann.
Tatsache ist, dass die Seenotrettung von den afrikanischen Migranten missbraucht wird und hier eine klare Grenzlinie gezogen werden muss. Ich verweise auf den »Verfassungsblog« im Internet mit dem Beitrag von Nele Matz-Lück »Seenotrettung als völkerrechtliche Pflicht: Aktuelle Herausforderungen der Massenimmigrationsbewegungen über das Mittelmeer«. Die EU ist derzeit nicht in der Lage, das Problem in den Griff zu bekommen. Die einen demonstrieren für die Rettung durch private Organisationen, die anderen für eine effektivere Grenzkontrolle und Auffanglager in Nordafrika. Die kriminellen Schlepperbanden haben trotz Toten im Mittelmeer Hochkonjunktur und werden weiter gegen viel Geld Menschen einschleusen.
Seit dem Flüchtlingsstrom aus dem Bürgerkriegsland Syrien in 2015 wird die Situation in Deutschland und Europa zunehmend angespannter. Die Welt war und ist nicht bereit, diesem Krieg von außen her ein Ende zu bereiten. Im Gegenteil, die Weltmächte nutzen das verwüstete Land als Spielball. Diese Menschen sind in wirklicher Not zu uns gekommen und haben derzeit keine Hoffnung auf Rückkehr. Es ist für sie und uns schwierig genug, die Situation zu meistern. Eine Integration ist nur beschränkt möglich. Wie damals bei den Türken besteht die Gefahr einer Parallelgesellschaft. Meine Erfahrungen in der ehrenamtlichen Asylarbeit zeigen dies.
Die zu schnelle Erweiterung der EU, verbunden mit jahrelangen Versäumnissen der europäischen Staaten, und eine erfolglose Entwicklungspolitik für Afrika sorgen für die Zunahme rechter nationalistischer Tendenzen, sozusagen als Gegenreaktion. Unsere östlichen Bundesländer und vor allem die osteuropäischen Staaten weigern sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Den Ländern der EU, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, müssen Subventionen gekürzt und diese Mittel der Entwicklungshilfe zugeführt werden. Italien und Griechenland haben jahrelang die Lasten einseitig getragen – kein Wunder, dass sie die Geduld verlieren.
Die Entwicklungspolitik sollte sich auf Einzelprojekte zur Verbesserung der Lebenssituationen der Menschen in Afrika konzentrieren. Hilfe zur Selbsthilfe – es gibt genügend Beispiele von Hilfsorganisationen. Hilfen dürfen nicht in den Taschen der afrikanischen Machthaber verschwinden, sondern es muss gewährleistet sein, dass Hilfe direkt ankommt und kontrolliert wird. Außerdem liefern Unternehmen aus der ganzen Welt Waren und Produkte nach Afrika, die den dortigen Menschen die Lebensgrundlage entziehen. Das wäre ein weiterer Punkt, den die Entwicklungshilfe eindämmen muss.
Die Politik zögert und taktiert. Eine wirksame europäische Entwicklungspolitik ist dringend notwendig, damit die Afrikaner eine Zukunft für sich sehen und in ihrer angestammten Heimat bleiben.
Herrmann Walz, Eningen