Es ist nun einmal so, dass eine Windkraftanlage nur Strom liefert, wenn der Wind weht und eine PV-Anlage nur dann, wenn die Sonne scheint. Schaut man sich aber einmal die kombinierte Erzeugung von PV- und Windkraftanlagen in Deutschland an, zum Beispiel in der Präsentation zur Pressemitteilung des Fraunhofer ISE vom 1. Januar 2025, sieht man, dass 2024 die monatliche Erzeugung über das Jahr erstaunlich konstant zwischen 14 Terawattstunden (TWh) und 20 TWh lag.
Man kann sich auch täglich aufgelöst den Anteil der Erneuerbaren an der Netzlast anschauen und stellt erstaunt fest: Es ist nie null (>15 Prozent) und manchmal sogar 100 Prozent. Auch in dieser Darstellung sieht man keinen starken jahreszeitlichen Verlauf um den Mittelwert von 56 Prozent. Diese Statistik zeigt: Die Kombination von Sonne und Wind macht’s!
Wenn nun zu Peak-Zeiten Anlagen vom Netz genommen werden, bedeutet das nicht, dass wir zu viele Windkraft- und PV-Anlagen haben. Es bedeutet, dass wir zurzeit noch zu wenige Speicher haben. Aber auch hier tut sich etwas: Die installierte Batteriespeicherkapazität ist von 2020 bis 2024 von 2,4 Gigawattstunden (GWh) auf 17,7 GWh angewachsen. Das ist noch wenig im Vergleich zur genannten monatlichen Erzeugung, aber die Kurve steigt exponentiell an. Wir können so den überschüssigen Strom nachts oder an windschwächeren Tagen verbrauchen oder – wenn die Batterien voll sind – langfristig in Form von Wasserstoff speichern. Typische Wirkungsgrade von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen sind heute schon um die 60 Prozent, die komplette Kette also rund 36 Prozent, ein Kohlekraftwerk liegt bei 40 bis 45 Prozent.
Eine nachhaltige, hauptsächlich auf erneuerbaren Energien beruhende Energieversorgung ist also keine Illusion irgendwelcher realitätsferner Windkraft-Euphoriker, sondern etwas, das wir in Deutschland mit unserer starken ingenieurwissenschaftlichen Tradition durchaus erreichen können. Und solange wir jährlich rund 80 Milliarden Euro für den Import fossiler Energieträger ausgeben, ist es meines Erachtens ein durchaus erstrebenswertes Ziel.
Die geplanten Anlagen am Käpfle können unser regionaler Beitrag dazu sein. Bezüglich der Ertragsschätzung von 12 Millionen kWh pro Anlage und Jahr für diese Anlagen liefert Frau Steinmaier in ihrem Leserbrief Vergleichsdaten von zwei anderen Anlagen mit kleinerer Leistung und über jeweils 4 Monate. Rechnet man die Daten hoch auf 12 Monate und eine Nennleistung von 7 MWh, so kommt man auf 12,5 Millionen kWh für die Anlage in Veringenstadt und 10,2 Millionen kWh für die Anlage in Berghülen. Bei allen Schwächen einer solchen gemittelten Betrachtung zeigt sie doch: Die Größenordnung stimmt.
Eine detailliertere Prognose wird – wie auch die Stadt Reutlingen auf ihrer Homepage schreibt – erst auf Basis von LiDAR-Messungen vor Ort möglich sein. Nehmen wir aber an, wir lägen am unteren Ende dieser Betrachtung und die Anlage würde nur 10 Millionen kWh pro Jahr erzeugen. Um die gleiche Menge an Strom durch Steinkohle zu erzeugen, benötigt man knapp 2.500 Tonnen Kohle. Das entspricht der Zuladung von mindestens 91 40-Tonnen-Lkw, eine Karawane von 1,5 Kilometern Länge. Jedes Jahr. Für jede Anlage.
René Boschert, Reutlingen
