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Aktuell Leserbrief

»Bus kann niemals Leistung einer Stadtbahn bringen«

Zum Leserbrief »Zweifel, ob Bahn in 10 Jahren noch Sinn macht« vom 18. Oktober (per E-Mail)

Es ist ja schon teilweise abenteuerlich, mit was für Argumenten versucht wird, ein schienengebundenes Verkehrsmittel wie die in Bau befindliche Regionalstadtbahn Neckar-Alb madig zu machen. Zuletzt im Leserbrief im GEA vom 18. Oktober geschehen. Kaum noch eine größere Stadt beziehungsweise Metropolregion kommt ohne solche Systeme aus (Kassel, Saarbrücken, Chemnitz, Karlsruhe mit Albtal und Murgtal, Heilbronn et cetera). Von S-Bahn-Systemen mal ganz abgesehen.

Eine Stadtbahn, die wie nach dem Karlsruher Modell, dem Pionier solcher Stadt-Umland-Bahnen, vom Zentrum ins Umland fährt und so die Pendlerströme einfängt, mitnimmt und abends wieder zurück bringt, wäre für die Region ein Segen. Der Verkehr, der sich morgens zu den Hauptverkehrszeiten nach Reutlingen und Tübingen quält und abends wieder auf die Alb – noch dazu ausgebremst von der langen 30er-Zone in Unterhausen – macht keinen Spaß. Hier liegt das Potenzial dieses Verkehrsmittels. Es bedient die zentralen Achsen und entlastet somit die Straßen enorm, sofern der Takt attraktiv von früh bis spät vorhanden ist, sodass man gerne auf das Auto verzichtet. Zubringerverkehre zur Bahn können dann vom Bus übernommen werden.

Aber, ein autonom fahrender Bus kann niemals das leisten, was die Stadtbahn leisten wird, da die Personenzahl und die Geschwindigkeit (zumindest noch) begrenzt sind. Ob sich das im Mischverkehr ändert, bleibt fraglich. Außerdem darf auch die Attraktivität einer Bahn gegenüber eines Busses nicht unterschätzt werden. Hier liegt die Bahn eindeutig im Vorteil. Auch ein normaler Busverkehr kann niemals das leisten, was eine Stadtbahn leisten kann. Die Stadtbahn kann gestärkt und geschwächt werden, je nach Auslastung. Der Bus steckt aber ebenfalls im Stau zur Hauptverkehrszeit. Die Bahn fährt daran vorbei.

Was den »Lärm« betrifft, hier bestehen heute schon Möglichkeiten zum Beispiel per Rasengleis diesen deutlich zu mindern (siehe Bad Cannstatt Kurpark; dort fährt die Stadtbahn nahezu geräuschlos). Auch für »störende« Strommasten gibt es Lösungen, die zum Beispiel in Luxemburg oder Florenz schon umgesetzt werden. Hier werden kurze Abschnitte mit Akku gefahren. Somit wird das Stadtbild an relevanten Stellen nicht gestört und die Bahn fährt trotzdem am historischen Gebäude oder Platz vorbei.

Als Fazit kann gesagt werden, dass eine Stadtbahn definitiv kein Ansatz von gestern ist. Natürlich wird solch ein System nicht von heute auf morgen gebaut (war es in Karlsruhe auch nicht). Die erste Stufe, also der Ausbau beziehungsweise die Elektrifizierung der Erms- und Ammertalbahn mit neuen Haltepunkten auf der zentralen Achse zwischen Metzingen und Tübingen, befindet sich zudem kurz vor dem Abschluss. Der weitere Ausbau ist in Planung oder Vorbereitung. Busse könnten allerdings eine Zwischenlösung, gegebenenfalls auch für Randzeiten, sein.

 

Marcel Miny, Trochtelfingen