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Wolfsriss im Schwarzwald als Nagelprobe für Umgang mit dem Raubtier

Bei einem Angriff vermutlich durch einen Wolf sind 43 Schafe getötet worden - soviel wie noch nie in Baden-Württemberg. Das Ereignis ist für den Betrieb tragisch und teuer. Und es könnte zum Präzedenzfall werden.

Mehrere tote Schafe
Die toten Schafe werden untersucht. Foto: Christoph Schmidt
Die toten Schafe werden untersucht. Foto: Christoph Schmidt

BAD WILDBAD.Baden-Württemberg hat seine erste große mutmaßliche Wolfsattacke mit mehr als 40 getöteten Schafen und diskutiert nun über die Konsequenzen. Nach dem tragischen Vorfall in Bad Wildbad (Kreis Calw) fürchtet der betroffene Schafhalter-Hof um seine Existenz und fordert Maßnahmen seitens der Politik. »Wir hoffen, dass wir endlich ernstgenommen und gehört werden«, sagte Landwirt Gernot Fröschle am Mittwoch. Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium frischten unterdessen ihren Streit um den Umgang mit dem Raubtier wieder auf.

»Wir brauchen mehr Unterstützung und Geld - für mehr Personal, mit dem wir die Herden schützen können, und für Hochsicherheitszäune«, sagte Schafhalter Fröschle. Den nötigen Schutz der Herde könne der Betrieb aus eigenen Mitteln nicht stemmen. »Das geht uns absolut an die Existenz.« Daran ändere auch eine Entschädigung für die getöteten Tiere nichts. »Wir können den Weidebetrieb nun nicht mehr so weiterführen wie bisher.« Nach Fröschles Angaben wurden 43 Tiere im Zuge des Angriffs in der Nacht zum Montag getötet. Die Zahl könnte noch steigen, da einige verletzte Schafe noch behandelt würden und nicht klar sei, ob alle überleben.

Im Südwesten waren noch nie soviele Schafe getötet worden, seit das Raubtier hier wieder gesichtet wurde. Bundesweit betrachtet handele es sich aber nicht um die meisten je von einem Wolf gerissenen Schafe, sagte eine Sprecherin des Umweltministeriums. In Sachsen etwa seien einmal rund 70 Tiere von einem Wolf getötet worden.

Den Wolf ins Jagdrecht zu nehmen, wie es unter anderem das Landwirtschaftsministerium und die Jäger wollen, sei keine Option, sagte die Sprecherin weiter: »Dann bräuchten wir trotzdem eine Ausnahmegenehmigung.« Einen Wolf zu schießen, sei aufgrund des Bundesnaturschutzgesetzes und europäischer Verordnungen verboten.

Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums verwies hingegen auf längst geäußerte Forderungen von Minister Peter Hauk (CDU): Dieser wolle, dass das Raubtier ins Jagdgesetz aufgenommen werde - »und zwar auch mit Blick auf das Wolfsmanagement«, sagte sie. Dies würde den Jägern ermöglichen, sich in die Beobachtungen einzubringen und die Frage »Wie regelt man die Population des Wolfes?« mitzugestalten.

Um einen Wolf zu schießen, könne man zudem eine Sonderregelung im Jagdrecht verankern. Dies werde beispielsweise auch in Sachsen so gehandhabt. »Wir müssen endlich definieren, ab wann ein Wolf zum Problem wird«, sagte sie. Der Fall aus Bad Wildbad zeige nun exemplarisch, dass gehandelt werden müsse. »Diese Diskussion wollte Herr Hauk. Und diese Diskussion haben wir jetzt.«

Der sogenannte Blutrausch, in den das Raubtier bei einer Attacke verfallen kann, sei für sich genommen aber noch kein auffälliges Verhalten, betonte erneut Johannes Erretkamps, Tierökologe bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt BW in Freiburg. Das Raubtier jage, solange sich noch etwas bewegt. Eine Eilanalyse soll nun mit letzter Sicherheit klären, ob tatsächlich ein Wolf verantwortlich ist. Man wisse zudem, dass seit einigen Monaten ein Wolf im Nordschwarzwald umherwandere. Das Tier trage aber keinen Sender.

Der betroffene Betrieb in Bad Wildbad kämpft nun an allen Fronten, die mögliche Entschädigung von durchschnittlich zwischen 150 und 200 Euro pro getötetem Mutterschaf sei völlig nachrangig. »Es wird sich zeigen, was die Politik jetzt macht, die Drähte werden heißlaufen«, sagte Fröschle. Neben allen jetzt auf den Hof zukommenden praktischen Belastungen sei auch die psychische Belastung durch den Vorfall enorm. »Wir können nachts kaum schlafen, es kann natürlich sein, dass der Wolf noch in der Gegend ist«, sagte Fröschles Frau Karen. Aufgeben aber komme erst mal nicht in Frage. (dpa)