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Was Stuttgart 21 Bahnreisenden in Reutlingen und Tübingen bringt

Bahnhof
Ein Mann sitzt an einem Bahnhof vor einem Regionalzug auf der Bank. Foto: Tom Weller
Ein Mann sitzt an einem Bahnhof vor einem Regionalzug auf der Bank.
Foto: Tom Weller

STUTTGART. Gute Nachrichten für alle Bahnreisenden in der Region: Mit der Fertigstellung des unterirdischen Durchgangsbahnhofs Stuttgart 21 wird unter anderem das Angebot zwischen Tübingen und Stuttgart ausgebaut, allerdings wird es bis dahin noch drei Jahre dauern. Das Konzept für den Regionalverkehr wurde in der Landeshauptstadt trotzdem schon vorgestellt. »Damit sich alle darauf einstellen können, kommunizieren wir – schon drei Jahre vor der planmäßigen Inbetriebnahme – das vorgesehene Konzept«, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann am Dienstagabend. »Das neue Angebot soll vor allem zuverlässig sein, mit wesentlich mehr Zügen. Das ist der richtige Weg, um mehr Fahrgäste zu gewinnen«, erklärte er. 

Viermal stündlich von Tübingen nach Stuttgart

Zwischen Tübingen und Stuttgart wird das Angebot ausgedehnt. Vier Züge pro Stunde werden künftig – jeweils hälftig direkt über den Flughafen oder über Plochingen – in die Landeshauptstadt verkehren. Damit wird dem deutlichen Zuwachs an Fahrgästen Rechnung getragen. Auch das Remstal profitiert vom unmittelbaren Anschluss an den Stuttgarter Flughafen. Heute benötigen Fahrgäste, die von Schorndorf zum Flughafen fahren möchten, mit der S-Bahn 64 Minuten. Nach Inbetriebnahme des Bahnhofs am Stuttgarter Flughafen voraussichtlich im Dezember 2027 kann die Reisezeit mit dem IRE auf 36 Minuten verkürzt werden – ohne Umstieg. Auch die Regionen Ostalb und Hohenlohe werden vom Angebotsausbau profitieren: Reisende können künftig den Stuttgarter Flughafen alle zwei Stunden ebenfalls direkt erreichen, der IRE von Stuttgart nach Aalen fährt dann weiter bis Crailsheim. 

Direkt von Karlsruhe über Stuttgart an den Bodensee

Die »Paradestrecke« der neuen, bis zu 200 km/h schnellen Doppelstockzüge wird der zukünftige Interregio-Express (IRE) sein, der stündlich von Karlsruhe über Stuttgart an den Bodensee verkehrt. Für Karlsruhe ergibt sich dadurch neben der Schwarzwaldbahn eine weitere direkte Verbindung an das beliebte Urlaubsziel. Auch für Pendler ergibt sich ein deutlich attraktiveres Fahrtangebot. 

Zuverlässigerer Verkehr im Filstal

Der neue Fahrplan dürfte viele verspätungsgeplagte Fahrgäste etwas aufatmen lassen. Denn der überwiegende Teil des Fernverkehrs zwischen Stuttgart und Ulm wird dann über die Neubaustrecke rollen. Deshalb kann im Filstal ein besser vertaktetes und dichteres MEX-Angebot zwischen Geislingen, Göppingen und Stuttgart angeboten werden. Die Metropolexpress-Züge (MEX) fahren dann konsequent alle 30 Minuten direkt nach Stuttgart, ein Umsteigen ist nicht mehr notwendig. Der stündliche Regionalexpress, der schnell zwischen Stuttgart und Ulm verkehrt, bleibt bestehen.

2,5 Milliarden Euro für 130 neue Fahrzeuge und digitale Ausrüstung

Alle bestehenden Fahrzeuge werden für die neue Technik umgerüstet und mit der elektronischen Zugsteuerung ETCS (European Train Control System) ausgestattet. Auch werden 130 neue Doppelstockzüge den Betrieb im Digitalen Knoten aufnehmen, die das Land Baden-Württemberg im Frühjahr 2022 beim Hersteller Alstom bestellt hat. »Diese Fahrzeuge werden für den Regionalverkehr einen neuen Standard setzen, mit viel Komfort für alle Reiseanlässe«, erklärte Minister Hermann. Bis zu 200 km/h schnell werden sie sein, pro Fahrzeug 380 Sitzplätze anbieten mit bis zu vier Fahrzeugen zusammengekuppelt fahren können. 

Infrastrukturprojekt liegt laut DB im Zeitplan

Als Vertreter der Deutschen Bahn AG sagte Dr. Florian Bitzer: »Stuttgart 21 und der Digitale Knoten Stuttgart ermöglichen vom ersten Tag der Inbetriebnahme an nicht nur deutliche Verbesserungen im Fernverkehr und bei der S-Bahn: Beim Regionalverkehr wird eine Vervielfachung der Nachfrage prognostiziert.« Das Gesamtprojekt sei auf gutem Wege. Die inzwischen vorgetriebenen gut 50 Kilometer Tunnel in Stuttgart müssen noch mit Schienen und Signaltechnik ausgebaut und ausgiebig getestet werden, auch der Stuttgarter Hauptbahnhof ist noch eine Großbaustelle. Dabei wird digitale Stellwerkstechnik eingebaut, die als Leuchtturmprojekt der »Digitalen Schiene Deutschlands« gilt. Einige Bestandteile des neuen Schienenknotens werden erst stufenweise in Betrieb gehen. Um die Potenziale des neuen Bahnknotens voll ausschöpfen zu können, werden in der Folge die Zulaufstrecken weiter ausgebaut und die Strecken in der Region bis über die Endpunkte

Fahrplanerstellung ist »größere Doktorarbeit des ÖPNV«

»Bis ein Fahrplan in der DB-App oder auf Fahrplantabellen sichtbar wird, ist es ein weiter Weg: Von der für Infrastruktur zuständigen DB Netz AG über die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg als Planungsorganisation des Landes bis hin zu den Landkreisen müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen«, sagte Minister Hermann. »Die Bahn hat die Übersicht über die Infrastruktur und die verfügbaren Kapazitäten, das Land plant und bestellt Regionalzüge und die Landkreise planen ihre Busangebote so, dass gute Anschlüsse zum Zugverkehr bestehen«, erläuterte ein Vertreter der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW).

Deutliches Signal in Richtung Berlin

Die vorgesehene Ausweitung des Zugangebots sei allerdings »nur möglich, wenn die Zuweisungen für den Schienennahverkehr über die sog. Regionalisierungsmittel erhöht werden. Bislang war die Finanzplanung für das wachsende Zugangebot solide, das hat sich in den vergangenen Monaten leider drastisch geändert. Deshalb ist eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel – nicht zuletzt wegen der drastisch gestiegenen Energiekosten - dringend notwendig. Diese Mittel stehen den Ländern zur Bestellung des regionalen Zugverkehrs durch eine Regelung im Grundgesetz zu«, mahnte Minister Hermann. »Denn niemand will, dass bald schon Züge abbestellt werden müssen, weil uns die Kosten davonlaufen und der Bund dabei zusieht.«

 Neue Webseite informiert über alle Details

Wer die Informationen der Veranstaltung nachhören oder nachlesen möchte, kann dies über die Internetseite www.regionalverkehr-projekt-stuttgart-ulm.de tun. Dort ist die Aufzeichnung der Veranstaltung verfügbar, die Präsentationen können durchgesehen werden und die Webseite informiert anschaulich über die Neuerungen auf den einzelnen Schienenkorridoren. (pm)