Sasa Kalajdzic wollte offenbar nur noch weg. Kurz nach dem Spiel jedenfalls. Generell will er es womöglich auch. Der Poker um die Zukunft des Torjägers des VfB Stuttgart bleibt jedoch schwer zu durchschauen - und der Spieler am Ende vielleicht auch einfach beim schwäbischen Fußball-Bundesligisten. Noch ist unklar, wie es mit dem österreichischen Nationalspieler weitergeht. Die Fans des VfB und auch Kalajdzic selbst scheint das zunehmend zu nerven.
»Es sind Sachen, die ich nicht beeinflussen kann. Es zieht sich und wir werden weitersehen. Es gibt einige Dinge, die passen müssen«, sagte der 25-Jährige nach dem 2:2 (1:1) beim SV Werder Bremen am Samstag bei Sky. »Je länger es dauert, desto unangenehmer wird es.« Der Vertrag des Angreifers in Stuttgart läuft noch bis 2023. Schon lange gilt er als Wechselkandidat für diesen Sommer. Bei mehreren Clubs, unter anderem in England, ist er im Gespräch. Richtig konkret wurde das Transferthema bisher nicht. »Damit muss ich umgehen können, ich bin Profi«, sagte Kalajdzic. Auch, wenn es ihm schwerfällt. Nach einem späten Nackenschlag wie dem in Bremen vermutlich noch schwerer.
In der fünften Minute der Nachspielzeit hatte Oliver Burke noch zum Ausgleich für Werder getroffen. Kalajdzic, wenige Minuten zuvor ausgewechselt, hatte es von der Bank aus miterlebt. »Wir hatten den Rucksack schon offen, um die drei Punkte einzupacken. Fußball kann hart sein«, sagte der Stürmer, der die Stuttgarter Tore durch Wataru Endo (38.) und Silas Katompa Mvumpa (77.) beide vorbereitet hatte. Es ist schon etwas kurios: Alle drei bisherigen VfB-Treffer in dieser Bundesliga-Saison hat Kalajdzic aufgelegt - und dennoch scheint die Liebe der Anhänger zu ihm leicht abgekühlt zu sein.
Nicht cool genug waren die Stuttgarter indes, um ihren Vorsprung in Bremen ins Ziel zu bringen. »Für uns wird es in der Nachbereitung darum gehen, wie wir eine Führung besser und cleverer verteidigen«, sagte Trainer Pellegrino Matarazzo. »Auch die Anfangsphase wird ein Thema sein.« In der waren die Schwaben regelrecht überrannt worden und durch Niclas Füllkrug (4.) wieder mal früh in Rückstand geraten.
Es spricht für die Stuttgarter, dass sie wie schon beim 1:1 gegen RB Leipzig am ersten Spieltag zurückkamen und die Partie beim Aufsteiger zwischenzeitlich sogar drehten. Grundsätzlich dürfe man als VfB »mit einem Punkt auswärts immer zufrieden sein«, sagte Sportdirektor Sven Mislintat. Am Ende fühle es sich aber eben doch »ein bisschen nach zwei verlorenen Punkten an«, gestand der 49-Jährige und verwies auch auf die große Chance zum 3:1, die Silas vergeben hatte (80.).
Verärgert war Mislintat auch wegen eines Banners im Bremer Fanblock. »Kein Schutz für Täter. Solidarität mit Betroffenen. Mislintat, halt's Maul« hatte darauf gestanden. Es bezog sich mutmaßlich auf die Causa Atakan Karazor. Stuttgarts Mittelfeldspieler war Mitte Juni auf Ibiza festgenommen worden und hatte sechs Wochen in Untersuchungshaft verbracht. Gegen den 25-Jährigen wird wegen einer »mutmaßlichen Straftat der sexuellen Nötigung« ermittelt. Mislintat hatte ihn zuletzt mehrfach demonstrativ in Schutz genommen.
»Ich habe ein komplett anderes Verständnis von Demokratie und von der Judikative. Es sollten niemals Vorverurteilungen stattfinden und immer die Unschuldsvermutung gelten«, sagte der Sportchef nun zu dem Plakat in Bremen, das ihn neben dem späten 2:2 zusätzlich nervte.
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