Eigentümerinnen und Eigentümer von privaten Grundstücken bekommen im Südwesten voraussichtlich doch etwas mehr Zeit für die Abgabe ihrer Grundsteuererklärung. Eigentlich muss die sogenannte Feststellungserklärung bis Ende Oktober abgegeben werden. Doch Finanz-Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) sagte am Dienstag in Stuttgart: »Es wird Erinnerungen geben, wenn man nicht fristgerecht abgibt - wahrscheinlich erst Anfang nächsten Jahres.« Sie zeigte sich grundsätzlich offen für eine offizielle Verlängerung der Abgabefrist, doch soweit sei man noch nicht. Es gibt Unmut über IT-Probleme und aus Sicht der Eigentümer zu komplizierte Vorgaben der Finanzbehörden. Die Opposition spricht von »Chaos«, der Bund der Steuerzahler von »Verzweiflung« bei vielen Grundstücksbesitzern.
Seit Anfang Juli hätten 17 Prozent der mehr als vier Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer im Südwesten ihre Erklärung abgegeben, erklärte Splett. Die Finanzbehörden nehmen die Daten seit dem 1. Juli entgegen. Man erwarte aber, dass die Zahlen noch deutlich steigen. So sei gerade noch Ferienzeit. Zudem gebe es die Erfahrung, dass häufig erst kurz vor Fristende viele Erklärungen eingingen. Die Staatssekretärin sagte weiter, es sei nichts Ungewöhnliches, »dass wir bei Ablauf der Frist nicht bei 100 Prozent sind«.
Zuletzt hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dazu gesagt: »Möglicherweise muss man da sich vorbehalten, noch einmal an den Fristen etwas zu machen.« Splett erklärte nun, man sei auch nicht zufrieden mit der Benutzerfreundlichkeit des Elster-Portals, über das die meisten Erklärungen abgegeben werden. Die Steuerverwaltung und das Ministerium hätten aber mittlerweile über ihre digitalen Kanäle Ausfüllhilfen zur Verfügung gestellt.
Ab 2025 soll eine neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Das geschieht auf Grundlage von Angaben, die Eigentümer nun einreichen müssen. Mitte Juli kam es dabei bei der Steuer-Plattform Elster zu technischen Schwierigkeiten. Sie war vorübergehend nicht erreichbar. Die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag forderten daraufhin eine Verlängerung der Abgabefrist.
Die Feststellungserklärung muss nach dem Willen des Fiskus elektronisch abgegeben werden. Formulare sollen nur noch in Ausnahmefällen zulässig sein. Nach Angaben des Finanzministeriums in Stuttgart werden - anders als in anderen Bundesländern - lediglich das Aktenzeichen, die Grundstücksfläche, der Bodenrichtwert und unter Umständen die überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken abgefragt. Der Bodenrichtwert wird vom Gutachterausschuss der jeweiligen Kommune ermittelt. Er gibt den durchschnittlichen Lagewert des Bodens in Euro pro Quadratmeter innerhalb eines bestimmten Gebiets wieder. Angaben über Art der Immobilie, die Wohn- und Nutzfläche oder das Baujahr werden nicht benötigt.
Splett warb um Verständnis dafür, dass man auf elektronische Erklärungen setze, diese seien erfahrungsgemäß von höherer Qualität. Sie verwies aber auch darauf, dass sich ältere Menschen von Angehörigen unterstützen lassen könnten. So könnten Kinder über ihren Zugang zum Elster-Portal die Erklärung für ihre Eltern abgeben. Dass die Erklärung ausgedruckt doch sieben Seiten lang sei, liege daran, dass es so viele unterschiedliche Konstellationen gebe. »Das ist der Realität geschuldet.«
Eike Möller, Landeschef des Bundes der Steuerzahler, verlangte eine Verlängerung der Abgabefrist: »Warum die Bürger lediglich vier Sommer-Monate für die Erklärungsabgabe zur Verfügung haben, erschließt sich nicht.« Er monierte zudem, dass anders als in Bayern im Südwesten die Formulare in Papierform beim Finanzamt extra angefordert werden müssen. Möller verwies auch darauf, das Erfassungssystem beim Bundesmodell führe die Nutzer gut verständlich bis zum finalen Versand. Das in Baden-Württemberg notwendige Elster-Programm habe in den vergangenen Wochen »viele Bürger zur Verzweiflung gebracht«.
Die SPD-Fraktion erklärte, der »Alleingang« des Landes bei der Grundsteuer sei »ein schwerer Fehler« gewesen. Fraktionsvize Nicolas Fink, sagte: »In Baden-Württemberg gibt es keine vereinfachten Verfahren wie in anderen Ländern, und es hakt gewaltig mit den eilig erhobenen Bodenrichtwerten. Zudem sollen die Steuerpflichtigen im Land auch noch weitgehende Korrekturen vornehmen. Da ist das Chaos programmiert.«
Frank Bonath von der FDP-Fraktion sagte, die bisherige Abgabequote von 17 Prozent zeige, »dass der Zeitplan der Regierung von Anfang an zum Scheitern verurteilt war«. So sieht das auch die AfD: »Es ist gänzlich unverständlich, wie das Finanzministerium sich sehenden Auges in den Abgrund stürzen konnte«, sagte Fraktionschef Bernd Gögel.
Finanzministerium zur Grundsteuer
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