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»Universalgenie«: Künstler Weibel stirbt vor 79. Geburtstag

Erst jüngst ließ er sich an seinem rappelvollen Schreibtisch fotografieren: Da stand Medienkünstler Peter Weibel kurz vor seinem Abschied am Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe. Noch bevor es soweit war, ist er nun gestorben.

Peter Weibel
Peter Weibel, Künstler und ehemals Direktor des Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), sitzt in seinem Büro. Foto: Uli Deck
Peter Weibel, Künstler und ehemals Direktor des Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), sitzt in seinem Büro.
Foto: Uli Deck

Der international renommierte Medienkünstler Peter Weibel ist tot. Der langjährige Leiter des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe starb am Mittwoch nach kurzer schwerer Krankheit in einem Krankenhaus in der Stadt, wie ein ZKM-Sprecher am Donnerstag sagte. Am Sonntag wäre Weibel 79 Jahre alt geworden. Zuerst hatten die »Badischen Neuesten Nachrichten« darüber berichtet.

Der im ukrainischen Odessa geborene Österreicher war ein bedeutender Performance- und Videokünstler. Er hinterlässt eine Lebensgefährtin.

Die baden-württembergische Landesregierung würdigte den Verstorbenen und sein Schaffen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ließ sich mit den Worten zitieren: »Peter Weibel war alles in einem: Künstler, Pionier, Rebell, Forscher, Medientheoretiker, Kurator, Professor, Kunstmanager, Visionär - ein modernes Universalgenie.« Er habe die Grenzen zwischen Kunst, Wissenschaft und Technik aufgehoben.

»In seinem Wirken und Wirbeln hat Weibel das ZKM nicht nur an die Weltspitze der Museen geführt, sondern das Museum selbst zum Co-Produzenten von Kunst gemacht«, so Kretschmann. Weibel habe Kunst nicht ausgestellt, sondern angestellt, die Perspektiven geweitet und Gewissheiten über Bord geschmissen. »Weibel war im ursprünglichsten Sinne Avantgarde: immer schon da, wo der Rest erst hinwollte.«

Kunstministerin Petra Olschowski (Grüne) erklärte: »Seine avancierten Ansätze waren immer herausfordernd, denn in seinen oft brillanten Konzepten war Peter Weibel dem Heute oft voraus.« Dieser Haltung und dem kompromisslosen Einsatz seien das weltweite Renommee, die dauernde Weiterentwicklung und Öffnung des ZKM für Themen und gesellschaftliche Fragen zu verdanken. »In diesem Sinn war er in vielen Gremien des Landes und auch mir persönlich ein wichtiger Ratgeber.« Weibel sei eine der prägenden Figuren des künstlerischen und intellektuellen Lebens der Gegenwart mit weltweiter Ausstrahlung gewesen. Er habe auch jetzt noch viele Ideen und Pläne gehabt. »Und es ist unvorstellbar, dass er diese nun nicht mehr umsetzen kann.«

Die Stadt verliere einen Pionier und eine herausragende Persönlichkeit, erklärte Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD). »Karlsruhe bleibt weltweit als Ort des ZKM und als Unesco-Stadt der Medienkunst mit seinem Namen verbunden.« Weibel habe das Potenzial des ZKM erkannt und genutzt, es weltweit zu einer einzigartigen Institution zu machen. »Er hat Karlsruhe in der Welt bekanntgemacht.«

Im Laufe seines Lebens hatte Weibel unter anderem in Wien, Kanada und New York gelehrt. Von 1989 bis 1994 leitete er das von ihm gegründete Institut für Neue Medien an der Städelschule Frankfurt am Main, war von 1993 bis 1999 Österreich-Kommissär der Biennale von Venedig und künstlerischer Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet.

Seit 1999 - fast ein Vierteljahrhundert - leitete er das ZKM und verhalf dem Haus zu internationalem Renommee und zu einer Drehscheibe digitaler Kunst. In wenigen Wochen, Ende März, hätte die Ära enden sollen. Erst vor Kurzem hatte er sich noch aus diesem Anlass in seinem mit Papierbergen, Büchern, Tüten, Kartons, Fotos und Wechselschuhen besetzen Büro ablichten lassen. »Das ZKM war ein Raumschiff mit unglaublicher Flughöhe«, sagte er da mit etwas Wehmut. Die Nachfolge als ZKM-Vorstand tritt am 1. April Alistair Hudson an.

»Meine Haupteigenschaft ist die Geschwindigkeit«, hatte Weibel einmal gesagt. Und genau so sprach er auch: In halsbrecherischem Tempo ratterte er seine Ansichten zu Kunst und Welt herunter - dabei immer freundlich, präzise, voller Ideen und auf dem neuesten Stand.

Einblick in sein breites Schaffensspektrum gab 2019 eine große Retrospektive im ZKM. Die »respektive Peter Weibel« stellte ihn anhand von rund 400 Werken als Aktions-, Video-, Sound- und Fotokünstler vor, aber auch als Theoretiker und Wissenschaftler.

Mitteilung des ZKM

Mitteilung der Landesregierung

Mitteilung der Stadt

Website Peter Weibel

Infos zur Ausstellung »respektive Peter Weibel«

Infos zum ZKM

Bericht der »BNN«

© dpa-infocom, dpa:230302-99-800336/4