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Tübingen geht mit Verpackungssteuer gegen Einweggeschirr vor

Kaffeebecher, Pizzakarton und Plastikbesteck: Massenweise landet Einweggeschirr in den Mülleimern der Kommunen. Tübingen will das nicht länger hinnehmen.

Ein Pappbecher und Zigarettenstummel
Ein Pappbecher und Zigarettenstummel liegen auf einem Mülleimer. Foto: Marijan Murat/dpa
Ein Pappbecher und Zigarettenstummel liegen auf einem Mülleimer. Foto: Marijan Murat/dpa

Tübingen (dpa/lsw) - Tübingen führt als erste Stadt in Deutschland eine Steuer auf Einwegverpackungen ein. »Die Wegwerfkultur in den Städten lebt davon, dass die Städte mit Millionenaufwand den Müll beseitigen«, sagte Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) am Freitag. Damit sei in der Universitätsstadt ab nächstem Jahr Schluss. In Imbissbuden, Bäckereien, Tankstellen und Metzgereien werden dann 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackung, 20 Cent für jedes Einwegbesteckset.

Pro Mahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert, wie eine Sprecherin der Stadt mitteilte. Der Gemeinderat beschloss die Abgabe am Donnerstagabend. Kritik kam vom Einzelhandelsverband.

Nach Angaben der Stadt Tübingen muss sie für die Beseitigung allein von Verpackungsmüll jährlich mehr als 700 000 Euro zahlen. Die neue Steuer betrifft nicht-wiederverwertbare Verpackungen von Mitnahme-Gerichten und Getränken wie beispielsweise Nudel- und Burgerboxen oder Kaffeebecher.

Das baden-württembergische Umweltministerium begrüßte die Regelung. Sie sei ein wichtiges Signal gegen die zunehmende Vermüllung der Umwelt mit Einwegverpackungen, sagte eine Sprecherin in Stuttgart. Ähnlich äußerte sich der Gemeindetag Baden-Württemberg. »Ob die nun eingeführte Steuer die gewünschte Verhaltensänderung mit sich bringt, muss jetzt beobachtet werden«, sagte eine Sprecherin des Kommunalverbands. Wenn das gelinge, könnte das Tübinger Modell durchaus Schule machen.

Die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Brigitte Dahlbender, meinte: »Sowohl in Sachen Klimaschutz als auch in Sachen Ressourcenschonung ist die Abgabe richtungsweisend.«

Nach Kenntnis des Deutschen Städtetags hat bisher keine weitere Kommune eine solche Steuer erhoben. 1998 hatte Kassel eine Verpackungssteuer einführen wollen, war aber vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Die Einführung in Tübingen sei kein sinnvoller Lösungsansatz, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann. Mit Blick auf die anstehende Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und die Umsetzung der EU-Einwegplastikrichtlinie sei der Mehrwert eines kommunalen Alleingangs kaum zu erkennen.

Die EU-Richtlinie für Einwegplastik beinhaltet keine Regelungen zu Einwegverpackungen, wie das Umweltministerium mitteilte. Nach der Richtlinie sollen bestimmte Einwegprodukte wie Besteck und Geschirr aus Plastik, Strohhalme, Luftballonstäbe, Rührstäbchen und Wattestäbchen bis 2021 vom Markt genommen werden.

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung erklärte, eine Steuer auf Einwegverpackungen aus der Systemgastronomie könnte eine positive Lenkungswirkung haben. »Denn bisher findet sich der überwiegende Teil der Einwegartikel bestenfalls im Restmüll.« Und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) meinte, ob Insellösungen wie Tübingens Verpackungssteuer das richtige Instrument seien, bezweifele man. Und die zuständige Industrie- und Handelskammer Reutlingen warnte vor zusätzlicher Bürokratie für die Betriebe.

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