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Tödlicher Polizeieinsatz in Mannheim wirft viele Fragen auf

Ein psychisch kranker Mann soll in eine Klinik eingewiesen werden, um ihn vor sich selbst zu schützen. Doch die Sache eskaliert, am Ende stirbt er. Nun beschäftigt sich der Landtag mit einem fragwürdigen Polizeieinsatz.

Mann stirbt nach Polizeikontrolle in Mannheim
Die Spurensicherung arbeitet am Tatort, an dem ein Mann nach einer Polizeikontrolle gestorben ist. Foto: René Priebe
Die Spurensicherung arbeitet am Tatort, an dem ein Mann nach einer Polizeikontrolle gestorben ist.
Foto: René Priebe

Mannheimer Innenstadt, Anfang Mai, nach Schilderung der Staatsanwaltschaft: Ein 47 Jahre alter Mann steckt in einer psychischen Ausnahmesituation, hat seine Medikamente nicht genommen, soll in das Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim eingeliefert werden. Doch er rennt weg von der Klinik. Ein Arzt begleitet ihn, sie laufen zu einem Polizeirevier in der Innenstadt. Der Mediziner bittet die Beamten, den Mann in Gewahrsam zu nehmen, er sei »eigengefährdet«. Doch der 47-Jährige läuft wieder weg.

Zwei Polizisten verfolgen ihn durch die Innenstadt, versuchen ihn festzusetzen. Er wird mit Pfefferspray besprüht, zu Boden gerungen, gegen den Kopf geschlagen, mit Handschellen gefesselt. Plötzlich regt er sich nicht mehr. Reanimationsversuche scheitern, der Mann stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus.

Der Polizeieinsatz mit tödlichem Ausgang wirft auch vier Monate später viele Fragen auf. Die zwei Beamten sind suspendiert, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge.

Nun befasste sich der Innenausschuss mit den Vorgängen vom 2. Mai, die für viel Aufsehen gesorgt haben. Der Vorfall sei so nicht hinnehmbar, sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP, Julia Goll, am Mittwoch. Der Mann sei nicht bei, sondern durch einen Polizeieinsatz ums Leben gekommen, sagte Oliver Hildenbrand, der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.

Laut Angaben des Landeskriminalamts kursierte im Internet mindestens ein Video, auf dem zu sehen ist, wie einer der Polizisten den auf dem Boden liegenden Mann gegen den Kopf schlägt.

Einige Fragen sind noch offen - etwa warum die Beamten nicht die Bodycams einschalteten, die sie am Körper trugen. Oder ob der betroffene Mann sich vor dem Revier aufhielt oder mit dem Arzt im Gebäude war - und falls dem so war, wie er wieder entkommen konnte. Das konnte weder der Mannheimer Polizeipräsident noch der leitende Oberstaatsanwalt, Romeo Schüssler, den Abgeordneten am Mittwoch beantworten. Schüssler sagte, es sei offen, wann die Ermittlungen abgeschlossen seien. Es gebe noch fragen an Rechtsmedizin. Zudem wollten sich die beschuldigten Polizeibeamten Ende des Monats in einer Stellungnahme äußern.

Innenminister Thomas Strobl kündigte eine gründliche Aufarbeitung an. Der Mann sei den Erkenntnissen zufolge an einer »lage- und fixationsbedingten Atembehinderung« in Kombination mit einer Blutung der oberen Atemwege erstickt, teilte Strobl mit. Man werde daraus die richtigen Lehren ziehen, sagte der CDU-Politiker.

Es gehöre zum Selbstverständnis der Polizei, die Maßnahmen fortlaufend kritisch zu hinterfragen - besonders, wenn bei einem Einsatz ein Mensch sein Leben lassen musste, sagte Strobl. Die Ausübung hoheitlicher Gewalt sei stets an Recht und Gesetz gebunden, es gelte immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

© dpa-infocom, dpa:220921-99-847339/3