Die Stadt Tübingen will das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) zur Verpackungssteuer nicht akzeptieren und geht dagegen in Revision. Das entschied der Gemeinderat am Donnerstagabend und folgte damit der Empfehlung der Verwaltung. Zuständig in der nächsten Instanz ist das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Laut einer Sprecherin der Stadt gab es bei der Abstimmung 25 Ja-Stimmen, 11 Mitglieder stimmten mit Nein, es gab keine Enthaltungen.
Die Verpackungssteuer ist ein Vorzeigeprojekt von Oberbürgermeister Boris Palmer, der wegen eines innerparteilichen Zwists bei den Grünen als unabhängiger Kandidat bei der nächsten Oberbürgermeisterwahl im Herbst antritt. Einen Rausschmiss aus der Partei hat er am vergangenen Wochenende umschifft, doch seine Mitgliedschaft muss er bis Ende 2023 ruhen lassen. So der Kompromiss mit seiner Partei.
Die Stadt Tübingen hatte Ende März mit ihrer Verpackungssteuer einen Dämpfer erhalten: Der VGH erklärte, die Steuer verstoße gegen das Abfallrecht des Bundes. »Die abweichende Auffassung der Stadt Tübingen würde das Tor zur Einführung aller möglichen Verbrauchsteuern durch die Gemeinden eröffnen. Dies sei durch das Grundgesetz aber ausgeschlossen«, schrieb das VGH in seiner Urteilsbegründung.
Die Klage der Inhaberin einer Tübinger McDonalds-Filiale war damit erfolgreich. Die Franchise-Nehmerin des Schnellrestaurants hatte gegen die Verpackungssteuer eine Normenkontrollklage erhoben, um die Satzung für unwirksam erklären zu lassen. Sie berief sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998, nach dem die von der Stadt Kassel 1991 eingeführte Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen gegen das damals geltende Abfallrecht des Bundes verstieß.
Seit Januar ist in der Universitätsstadt, in der laut Palmer riesige Müllberge entstehen, eine Steuer für Einwegverpackungen fällig. Pro Einzelmahlzeit wird maximal 1,50 Euro kassiert. Das Mehrweggeschirr im Stadtbild ist laut Palmer deutlich präsenter und die öffentlichen Mülleimer vor allem in der Innenstadt sind sichtbar leerer.
Die Kosten der Revision betragen im Falle eines Scheiterns voraussichtlich rund 32.000 Euro, davon etwa 20.000 Euro für die beauftragte Kanzlei, rund 5.000 Euro Gerichtskosten und etwa 7.000 Euro Erstattung für die gegnerischen Anwälte. (dpa)