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SPD beklagt »Nichthandeln«: Bringt sich als Ersatz ins Spiel

Die Koalition aus Grünen und CDU glänze durch Nichtstun, findet die SPD. Und dann dringt sie auch noch auf den Sturz von Innenminister Strobl, was Grün-Schwarz wohl destabilisieren würde. Der eine oder andere Genosse spekuliert nochmal auf eine Ampel-Chance.

Andreas Stoch
Andreas Stoch (v), SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Marijan Murat
Andreas Stoch (v), SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg, spricht.
Foto: Marijan Murat

Die Südwest-SPD hat ein Jahr nach dem Start der grün-schwarzen Regierung einen Generalangriff auf die Koalition gestartet und die Entlassung von Innenminister Thomas Strobl gefordert. »Diese Regierung fällt durch Nichthandeln auf«, sagte Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch am Samstag bei einem kleinen Parteitag in Stuttgart vor etwa 180 Delegierten. Ob Wohn-, Energie- oder Schulpolitik, die Koalition aus Grünen und CDU komme nicht vom Fleck. Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) müsse seinen Vize Strobl wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens an die Presse schassen. »Kommen sie aus ihrem Schlaf heraus«, forderte Generalsekretär Sascha Binder vor etwa 180 Delegierten. Auf dieser Grundlage könne Grün-Schwarz nicht weiterregieren.

Stoch hielt der Regierung vor, sich vor den großen Problemen im Land wegzuducken. »Solange Grün-Schwarz in diesem Land regiert, wird es uns nicht an großen Zielen und großen Überschriften fehlen, aber es wird an wirklicher Politik fehlen«, sagte der Landesvorsitzende. Es gebe einen Berg an Aufgaben, vor dem man nicht kapitulieren dürfe. »Wer es nicht begreifen kann oder will, der sollte uns Platz machen. Wir haben zu tun.« In der Debatte nach seiner Rede brachte der eine oder andere Delegierte die Frage auf, ob Kretschmann nicht doch nochmal über eine Ampelkoalition mit SPD und FDP reden wolle.

Die CDU im Südwesten reagierte prompt. »Die SPD stolpert und poltert durchs Land. Mehr als Krawall haben die Genossen im Land nicht zu bieten«, teilte CDU-Generalsekretärin Isabell Huber mit. Die Christdemokraten machten in der Regierung, in der Fraktion und in der Partei als gute Formation gute Politik fürs Land.

Die Neuauflage der Koalition aus Grünen und CDU war am 12. Mai 2021 gestartet. Möglich wäre auch eine Ampel gewesen. Nach den Sondierungen entschied sich Kretschmann für Koalitionsverhandlungen mit der CDU, obwohl diese bei der Landtagswahl hohe Verluste eingefahren hatte. Das führte zunächst zu Widerstand im Grünen-Landesvorstand, der später einlenkte.

Stoch nahm sich insbesondere die Wohnungspolitik von Grünen und CDU vor. »Wenn Menschen mit einem normalen Einkommen in einem reichen Land wie Baden-Württemberg die Miete für ihr Haus, ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können, dann haben wir hier die schwierigste soziale Frage - und die kann man nicht durch Zuschauen lösen.« Stoch forderte, die Planung und Genehmigung zu erleichtern und den Kommunen zu helfen.

Der Landeschef rechnete auch mit der Schulpolitik des Kultusministeriums angesichts der vielen geflüchteten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine ab. Vor allem an Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) ließ Stoch kein gutes Haar. Er habe den Eindruck, dass es keine Kultusministerin in Baden-Württemberg mehr gebe. »Wir brauchen jetzt endlich Unterstützung für unsere Schulen«, sagte der frühere Kultusminister.

Wegen der Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens forderte die SPD erneut Strobls Rücktritt, der auch CDU-Landeschef ist. Wenn ein Innenminister, der auch Verfassungsminister sei, nicht wisse, was er darf und was er nicht darf, sei er für sein Amt nicht geeignet, sagte Stoch. Die CDU stärkte ihrem Landeschef weiter den Rücken. »Wir haben mit Thomas Strobl einen klasse Innenminister, der in den vergangenen sechs Jahren sehr viel für die Sicherheit im Land erreicht hat«, teilte Generalsekretärin Huber mit.

Die SPD selbst beschloss auf ihrem Landesparteitag Anträge zum Krieg in der Ukraine und zur Kinder- und Jugendpolitik in Baden-Württemberg. Die Sozialdemokraten unterstützten damit den Ukraine-Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD), der sich in einem kurzen Grußwort per Video an die Delegierten wandte. Kritik gab es dafür von der CDU. Es sei realitätsfern, dass man zu dem Schluss komme, die Bundesregierung würde bei diesem Thema einen guten Job machen, sagte Huber. »Ohne Frage, das ist eine schwierige Situation. Aber beim SPD-Teil der Bundesregierung ist die Lernkurve leider sehr flach.«

Mit ihren Anträgen zur Kinder- und Jugendpolitik will die SPD im Landtag darauf drängen, dass Kinder und Jugendliche stärker ins Zentrum gerückt werden, weil diese unter dem Lockdown und anderen Einschränkungen besonders gelitten hätten. Sie forderte zudem, Schulen zu modernisieren und dafür Geld aus Landesmitteln bereitzustellen.

© dpa-infocom, dpa:220507-99-194566/3