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Ringen ums Geld: Grüne und CDU beraten Doppelhaushalt

Im Haushalt für 2023 und 2024 werden wichtige Weichen gestellt: Es entscheidet sich, was Kretschmann und Co. in dieser Wahlperiode noch umsetzen können. Der Ukraine-Krieg und die Pandemie machen Sorgen. Das wird auch die Haushaltsberatungen beeinflussen.

Schule
Ein Lehrer steht im Unterricht vorne an der Tafel. Foto: Marijan Murat
Ein Lehrer steht im Unterricht vorne an der Tafel.
Foto: Marijan Murat

Die Spitzen von Grünen und CDU im Südwesten haben sich am Montagabend zu Beratungen über den nächsten Doppelhaushalt getroffen. Unter der Leitung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will die Koalition im Stuttgarter Staatsministerium die Eckpunkte des Etats für die Jahre 2023/2024 festlegen. Es werden schwierige Gespräche erwartet, weil es nur wenig finanziellen Spielraum geben soll. Die Grünen dringen vor allem auf mehr Investitionen in Klimaschutz und Bildung, die CDU will unter anderem die Einstellungsoffensive bei der Polizei fortsetzen.

Bayaz setzt auf Risikovorsorge

Die Steuerschätzung ergab, dass das Land bis 2026 mit über 7,4 Milliarden Euro Mehreinnahmen rechnen kann. Allein in den nächsten beiden Jahren sollen etwa drei Milliarden Euro mehr in die Landeskassen fließen. Doch Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) warnt davor, dass die Steuerschätzung die Risiken, die sich aus dem Ukraine-Krieg und der Pandemie ergeben, noch nicht genug abbildet. Sein Entwurf für die Eckpunkte des Haushalts sieht deshalb einen Risikopuffer von 640 Millionen Euro vor, falls die Steuereinnahmen einbrechen sollten. Weil die hohe Inflation auch das Land trifft, will der Minister etwa eine Milliarde Euro dafür zurücklegen.

Bayaz muss zudem das strukturelle Defizit aus der mittelfristigen Finanzplanung in Höhe von 5,4 Milliarden Euro decken, das die Corona-Pandemie gerissen hat. Auch hierfür werden ein Teil der prognostizierten Mehreinnahmen und der Überschuss aus diesem und letztem Jahr gebraucht.

Wenig Spielraum, große Forderungen

Bayaz' Entwurf sieht zwar einen Korridor von insgesamt 850 Millionen Euro für zusätzliche Ausgaben vor. Doch gehen davon noch Hilfen für die Kommunen und Kosten für ukrainische Flüchtlinge ab. Zur Erinnerung: Im November hatte der Minister die Kommunen auf die Beratungen des Doppelhaushalts vertröstet. Damals kamen sie mit einer Forderung von 1,4 Milliarden Euro für weitere Investitionen in Schulen, Kitas, Digitalisierung, Kliniken, ÖPNV und Klimaschutz. Davor kann sich Grün-Schwarz jetzt kaum wegducken. Zudem muss das Land Geld für die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge einberechnen.

Mehr Geld für Klimaschutz und Schule

Um überhaupt Spielraum für politische Projekte zu haben, sollen die Ministerien im Gegenzug im Doppeletat 600 Millionen Euro sparen. Freuen können sich das Umwelt- und das Kultusministerium, denn Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hat schon die Ansage gemacht, dass es mehr Geld für Klimaschutz und Bildung geben soll. Das Land will vor allem in die Sanierung eigener Gebäude investieren, um sein Ziel einer klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030 noch erreichen zu können. Andere Ressorts dürften teilweise leer ausgehen.

Hü und hott: Opposition bei Empfehlungen nicht einig

Die Opposition hält die Finanzpolitik für falsch - aber aus unterschiedlichen Gründen. Die SPD fordert Investitionen gegen die Krise und will deutlich mehr Geld für Sozialwohnungen, Klimaschutz und Lehrer. Die FDP dringt auf die Tilgung der Schulden, die das Land in der Corona-Zeit aufgetürmt hat. »Nun tritt ein, wovor wir immer gewarnt haben«, sagt FDP-Fraktionschef Hans Ulrich Rülke: »Die grün-schwarze Koalition hat die Ausgaben des Landes seit 2011 auch ohne Pandemiebekämpfung massiv in die Höhe getrieben. Nun muss man von diesem hohen Wünsch-Dir-was-Niveau herunterkommen.«

Die Aussagen von Bayaz zum Haushalt hält er für Jammern auf hohem Niveau. Der Grüne habe einen Rekordüberschuss aus dem Vorjahr und eine bessere Steuerschätzung im Rücken. »Hier stimmt nur jemanden das Klagelied an, der Sparen für eine Majestätsbeleidigung hält«, sagt der Liberale.

Gewerkschaft sieht Bildungspolitik am Scheideweg

Auch die Bildungsgewerkschaft GEW versucht, den Druck auf die Koalition zu erhöhen. »Der nächste Landeshaushalt wird darüber entscheiden, ob die erste grüne Kultusministerin in Baden-Württemberg 2026 eine erfolgreiche Bilanz vorweisen kann oder grüne Bildungspolitik abgewählt wird«, sagte Monika Stein, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der dpa. Die bisherige Bilanz von Ministerin Theresa Schopper (Grüne) sei enttäuschend.

Es fehlten Konzepte für die Umsetzung und Finanzierung der wichtigsten Reformprojekte wie Ganztagesausbau oder Inklusion, bei der Kinder mit und ohne Behinderung in der Schule zusammen lernen. Und: »Von der schon 2017 versprochenen Qualitätsoffensive ist bis heute in den Schulen wenig zu spüren und der erhoffte Innovationsschub durch eine grüne Kultusministerin ist bisher ausgeblieben«, moniert Stein.

© dpa-infocom, dpa:220523-99-393583/4