STUTTGART. Das Land will den angeschlagenen Bahnbetreiber Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH für zwei Jahre übernehmen. Die landeseigene Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) habe ein Kaufangebot samt Werkstatt abgegeben, teilte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart mit. »Das bietet den Beschäftigten eine gute Perspektive und die Fahrgäste können dann mit einem stabilen Betrieb der Züge rechnen.«
Der Kaufpreis soll 6 Millionen Euro betragen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Abellio Rail Baden-Württemberg befährt Strecken im Bereich Stuttgart und Neckartal. Der geplante Kauf sei notwendig, damit alles so weiterlaufe wie bisher, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Vorgesehen sei, dass die landeseigene SWEG Gesellschafterin bei der Abellio wird, teilte das Verkehrsministerium weiter mit. Dafür soll das Unternehmen im Zuge einer Notmaßnahme nach europäischem Vergaberecht für zwei Jahre vorübergehend einen neuen Verkehrsvertrag erhalten. Dieser soll im Gegenzug die volle Kostendeckung für den Betrieb im Südwesten garantieren.
Abellio soll verkauft werden
Hermann sagte: »Innerhalb der nächsten zwei Jahre wollen wir die Verkehrsleistungen dann über eine Ausschreibung wieder im Wettbewerb vergeben, an dem sich auch die SWEG beteiligen kann.« Der Plan sieht ferner vor, dass die Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH mit seinen 365 Beschäftigten nach Abschluss dieses Verfahrens dann an den Gewinner der neuen Ausschreibung weiterverkauft wird.
Ein Abellio-Sprecher sagte der »Heilbronner Stimme« und dem »Südkurier«, »sollte es zu einer Fortführung der Verkehre durch einen neuen Betreiber kommen, steht für alle involvierten Parteien die Arbeitsplatzsicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abellio Rail Baden-Württemberg an oberster Stelle«. Man baue auf die Zusage seitens der Politik, dass alle Arbeitsplätze erhalten blieben, um die Kontinuität des Fahrgastbetriebes weiter gewährleisten zu können.
Seit Juni in Schutzschirmverfahren
Das Land und der angeschlagene Bahnbetreiber hatten sich Mitte September auf eine sogenannte Fortführungsvereinbarung verständigt, die bis zum Jahresende läuft. Abellio, eine Tochter der niederländischen Staatsbahn (Nederlandse Spoorwegen), steckt in finanziellen Schwierigkeiten und befindet sich seit Juni in einem Schutzschirmverfahren. Dies ist eine Sanierung im Rahmen des Insolvenzrechts.
Vor dem Hintergrund des geplanten Kaufs beantragten FDP und SPD eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses. Der verkehrspolitische Sprecher der Liberalen, Christian Jung, sagte, es müsse klar sein, wie es im Land mit dem Schienenverkehr ab Januar 2022 weitergehe, wie diese neue Beauftragung der SWEG zustande gekommen sei und was das für den Steuerzahler bedeute. Der SPD-Politiker Hans-Peter Storz sagte, es sei noch völlig offen, welche Folgen diese Notvergabe für die noch verfügbaren Regionalisierungsmittel habe. Das ist Geld, das der Bund den Ländern für den Schienenpersonennahverkehr zur Verfügung stellt.
Die SWEG mit ihren mehr als 1300 Beschäftigten ist in verschiedenen Netzen im Land aktiv, etwa rund um Ulm, im Bereich Zollern-Alb, beim Ringzug Schwarzwald-Baar-Heuberg zwischen Tuttlingen, Rottweil und Villingen-Schwenningen, bei der Ortenau-S-Bahn oder bei der Breisgau-S-Bahn rund um Freiburg. (dpa)