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»Reichsbürger« im Prozess: Keine Erinnerung an Auto-Attacke

Der mutmaßliche »Reichsbürger«, der einen Polizisten angefahren und schwer verletzt haben soll, hat vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart angegeben, keinerlei Erinnerungen an den Vorfall zu haben. Er habe schon vor der Polizeikontrolle das Gefühl gehabt, etwas »Böses« komme auf ihn zu, er sei »verängstigt« und »desorientiert« gewesen, schilderte der 62 Jahre alte Angeklagte am Freitag. Zuvor hatte sein Anwalt in seinem Plädoyer gesagt, der Kernvorwurf eines vorsätzlichen versuchten Tötungsdelikts sei nicht haltbar und alle anderen Vorwürfe - etwa der der gefährlichen Körperverletzung - seien mit den 13 Monaten Untersuchungshaft bereits abgegolten. Sein Mandant sei daher aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Das Urteil wurde für den Freitagnachmittag erwartet.

Gerichtssaal
Das Strafgesetzbuch und Akten liegen in einem Gericht auf dem Tisch. Foto: Swen Pförtner
Das Strafgesetzbuch und Akten liegen in einem Gericht auf dem Tisch.
Foto: Swen Pförtner

Die Bundesanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft wegen versuchten Mordes für den 62-Jährigen gefordert, die Nebenklage eine Haftstrafe »im zweistelligen Bereich«. Der Deutsche soll vor gut einem Jahr vor mehreren Verkehrskontrollen geflohen und schließlich auf einen Polizisten zugesteuert sein, den er mit seinem Wagen erfasste und schwer verletzte.

Der Schreiner aus Efringen-Kirchen (Kreis Lörrach) ist der erste sogenannte Reichsbürger, der von der Bundesanwaltschaft vor Gericht angeklagt worden ist. »Reichsbürger« und »Selbstverwalter« leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sie sprechen Politikern und Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen Gesetze.

In seinen letzten Worten vor Gericht schilderte der Mann, er habe noch nie eine Waffe besessen. Zwei Armbrüste, die bei ihm gefunden wurden, habe er zum Bogenschießen nutzen wollen für eine »mentale Erweiterung«, um den Richtern das zu präsentieren, wollte er eine Qigong-Übung im Saal vorführen.

Erst am Mittwoch hatte es Durchsuchungen in der Szene in acht Bundesländern und der Schweiz gegeben. Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos wurde dabei in Reutlingen angeschossen und am Arm verletzt, die Bundesanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts des mehrfachen versuchten Mordes.

© dpa-infocom, dpa:230324-99-73582/2