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Rülke zieht nüchterne Bilanz: »Die FDP leidet in der Ampel«

Die FDP hadert mit der Ampel, verliert mehr und mehr Wähler. Man werde nur als Bremser gesehen, sagt Fraktionschef Rülke - das sei aber auch notwendig. Er zieht eine nüchterne Bilanz.

Hans-Ulrich Rülke (FDP)
Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Christoph Schmidt
Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, spricht.
Foto: Christoph Schmidt

Die Beteiligung an der Ampelregierung schadet aus Sicht des baden-württembergischen FDP-Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke den Liberalen. »Ich habe von vornherein befürchtet, dass es nicht einfach wird und unseren Wählern nicht so leicht zu vermitteln ist«, sagte Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Wenn ich jetzt auf das erste Jahr der Ampel zurückblicke, dann sehe ich, dass meine Befürchtungen eingetreten sind. Wir haben einen nicht unerheblichen Anteil an Wählern verloren.«

Die Regierung von SPD, Grünen und FDP ist vor gut einem Jahr vereidigt worden. Zwei Drittel der Deutschen sind einer aktuellen YouGov-Umfrage zufolge unzufrieden mit der Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Doch es gibt erhebliche Unterschiede: Während sich im Grünen-Lager eine Mehrheit von 56 Prozent zufrieden zeigt, sind es unter den FDP-Wählern nur 24 Prozent. »Ich stelle anhand von Umfragen und Wahlergebnissen fest: Die FDP leidet in der Ampel«, sagte Rülke. »Deshalb können wir uns nicht behaglich fühlen in einer Ampel, zu der es aber derzeit keine Alternative gibt.«

Rülke, der beim traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart auch den Bundesvorsitzenden Christian Lindner zu Gast hat, ist auch Präsidiumsmitglied der FDP im Bund. Die FDP habe in der Bundesregierung zwar einiges erreicht, etwa die Verhinderung einer allgemeinen Impfpflicht, aber das kommt aus seiner Sicht zu wenig beim Wähler an. »Wir haben vieles erreicht. Wir haben vieles verhindert. Was wir nicht erreicht haben, ist, dass unsere Wählerschaft erfreut ist und sagt: «Prima, wir sind zufrieden.»«

Weite Teile der Wählerschaft würden eher das sehen, was nicht umgesetzt wurde, als das, was die FDP umsetzt. Sie fühlten sich »gewissermaßen kulturell fremd in dieser Koalition«. Manche Entscheidungen hätte er sich auch anders gewünscht, etwa eine Laufzeitverlängerung der letzten drei Atommeiler über das Frühjahr hinaus. Die Krux der Liberalen aus Sicht von Rülke: »Sie können zwar verhindern, aber sie können nicht gestalten. Und das ist ein Stück weit auch das, was gerne der FDP vorgeworfen wird. Sie wäre Bremser in der Ampel«, sagte er. »Aber es ist auch mitunter notwendig, in der Ampel zu bremsen.«

Die Regierungsbeteiligung war aus Sicht des Südwest-Fraktionschefs dennoch kein Fehler. Er findet lobende Worte für die Sozialdemokraten. Die Gestaltungsmacht der FDP in der Ampel sei sehr viel größer als die Gestaltungsmacht der FDP in der damaligen Merkel-Regierung. Und: »Olaf Scholz geht mit der FDP sehr viel fairer, besser und partnerschaftlicher um als jemals Angela Merkel.«

Scholz sei ein fairer und verlässlicher Partner - ganz im Gegensatz zu den Grünen, kritisiert Rülke. »Die halten sich nicht an das, was vereinbart wurde.« Sie hätten aus seiner Sicht nie vorgehabt, sich an den Koalitionsvertrag der Ampel zu halten. Die Grünen hätten den Koalitionsvertrag nur unterschrieben, um in die Regierung zu kommen, kritisiert Rülke. Sie wollten nun etwa ein generelles Tempolimit und Steuererhöhungen, obwohl das anders vereinbart gewesen sei. Es gebe ein Vertrauensdefizit zwischen Grünen und FDP.

Dennoch müssten die Liberalen die Herausforderung der Ampel annehmen, sagte er. Rülke spricht bei den aktuellen Umfragewerten im Bund zwischen fünf und sieben Prozent von einer »unteren Bodenbildung«. Die FDP müsse Profil innerhalb der Regierung zeigen, deutlich machen, wofür sie stehe und auch deutlich machen, wenn man linke Politik verhindere. Er stimmte in Anlehnung an einen Satz von Christian Lindner am Ende der Jamaika-Verhandlungen zu, dass es besser für die FDP sei, in der Ampel zu regieren, als nicht zu regieren. »Hoffentlich können wir 2024 und im Bundestagswahljahr 2025 die Früchte der Regierungsarbeit ernten«, sagte er.

© dpa-infocom, dpa:230102-99-76161/2