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Prozess um mysteriöse Kloster-Millionen eingestellt

Ein toter Abt, geheime Konten, ein millionenschweres »Sondervermögen Weinberg« - und jahrelange Ermittlungen: Der Justizfall um das Kloster Neresheim hat ein kurioses Ende gefunden.

Prozess um mysteriöse Kloster-Millionen gestartet
Der Angeklagte, ein 89-jähriger Rechtsanwalt, sitzt im Amtsgericht auf der Anklagebank. Foto: Martin Höke
Der Angeklagte, ein 89-jähriger Rechtsanwalt, sitzt im Amtsgericht auf der Anklagebank.
Foto: Martin Höke

Der Prozess um ein mysteriöses Millionenvermögen, das im altehrwürdigen Kloster Neresheim auf der Schwäbischen Alb aufgetaucht war, ist eingestellt worden. Ein 89-jähriger Rechtsanwalt, der sich am Freitag in dem Zusammenhang in Krefeld auf der Anklagebank des Amtsgerichts verantworten musste, bleibt damit straffrei.

Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft sah das Schöffengericht in der Sache keine schwere, sondern allenfalls einfache Steuerhinterziehung. Diese sei aber längst verjährt, entschied das Gericht per Urteil.

Dass der 89-Jährige aus grobem Eigennutz gehandelt habe, könne man ausschließen, sagte Richter Timo Schoppol. Dem Anwalt sei nicht zu widerlegen, dass das Geld wohltätigen Zwecken dienen sollte, über die er lediglich selbst bestimmen wollte.

Der betagte Anwalt hatte erklärt, er habe die Konstruktion einer nicht rechtsfähigen Stiftung, dem »Sondervermögen Weinberg«, auch auf Wunsch des damaligen Kloster-Chefs gewählt. Der habe befürchtet, dass sich die katholische Kirche das Geld einverleibe und es anderweitig verwende, wenn die Summe dem Kloster einfach gespendet worden wäre.

Seine Frau und er seien kinderlos geblieben und hätten beide früh entschieden, dass ihr Vermögen nach christlichen Grundsätzen wohltätigen Zwecken wie dem Kloster zugute kommen soll, erläuterte der Anwalt.

Doch als der befreundete Abt plötzlich starb und die Mönche in seinen Unterlagen auf das Millionenvermögen stießen, geriet der Anwalt schnell in Verdacht, unter dem Dach des steuerfreien Klostervereins eine Geldwaschanlage betrieben zu haben. Seine damalige Version, hinter dem Geld steckten anonyme Spender aus dem ganzen Bundesgebiet, dürfte den Verdacht eher genährt als zerstreut haben.

Jahrelang hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt. Am Freitag forderte die Staatsanwältin dann ein halbes Jahr Haft auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Aus reinem Eigennutz habe der Angeklagte das Geld den Finanzbehörden nicht gemeldet.

Der Verteidiger beantragte dagegen einen Freispruch: Der Anwalt habe das Geld karitativen Zwecken zukommen lassen wollen und dabei lediglich bestimmen wollen, wofür das Geld letztendlich verwendet wird. Das sei nicht strafbar.

Schon bei der Verlesung der Anklage gab es am Freitag eine Überraschung: Die Staatsanwaltschaft warf dem 89-Jährigen nur noch Hinterziehung von 186 000 Euro Erbschaftssteuer vor. Bei der Prozessankündigung des Gerichts war noch ein Volumen von mehr als einer halben Million Euro hinterzogener Erbschafts- und Kapitalertragssteuer genannt worden.

Die Staatsanwaltschaft war zwischenzeitlich zur Ansicht gelangt, dass das Millionenvermögen, wie es schon Gerichte entschieden hatten, dem Angeklagten nicht zuzurechnen sei - und hatte deswegen einen Teil der Anklage zurückgenommen.

© dpa-infocom, dpa:220324-99-658756/5