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Präsentation der virtuellen Tatortbegehung mit VR-Brille

Mithilfe modernster Technik kann ein Tatort quasi messtechnisch konserviert werden. Diese neue Technik kam seit Ende 2021 bei fast allen Kapitaldelikten im Südwesten zum Einsatz. Der Innenminister spricht von einem »Quantensprung«.

Virtuelle Tatortbegehung im LKA
Stefan Knapp, Leiter der Führungsgruppe des LKAs Baden-Württemberg, zeigt die virtuelle Technik. Foto: Marijan Murat
Stefan Knapp, Leiter der Führungsgruppe des LKAs Baden-Württemberg, zeigt die virtuelle Technik.
Foto: Marijan Murat

Das Blut ist bis oben an die Küchenschränke gespritzt - doch was ist geschehen? Wo war das Opfer, wo stand der Täter und womit hat er angegriffen? Auf solche Fragen finden die Ermittler vom Landeskriminalamt in Stuttgart mithilfe der sogenannten CAVE-Technik Antworten. Und können so nicht nur Täter finden, sondern auch relevante Hinweise für einen Prozess liefern. CAVE - das steht für Cave Automatic Virtual Environment. Ein Tatort wird mithilfe eines 3D-Laserscanners quasi messtechnisch konserviert und zu einer virtuellen Umgebung, wie LKA-Experte Stefan Knapp erklärt. Später können die verschiedenen Experten mit Virtual-Reality-Brillen eine besondere Tatort-Begehung machen.

Der Einsatz dieser Technik sei bundesweit einmalig, sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) bei einer Präsentation am Montag in Stuttgart. Das sei ein »Quantensprung« in der forensischen Arbeit der Ermittler. Mithilfe reeller Messdaten vom Tatort und Virtual-Reality-Brillen lasse sich ein Tatgeschehen beispielsweise aus Sicht des Täters oder des Opfers simulieren.

Das LKA arbeitet seit Ende 2021 mit der CAVE-Technik. Seither sei es bei nahezu allen Kriminaldelikten zum Einsatz gekommen, schilderte LKA-Experte Knapp. So beispielsweise auch beim Amoklauf in Heidelberg im Januar 2022 oder als ein mutmaßlicher »Reichsbürger« aus Boxberg im vergangenen Frühjahr auf Polizisten schoss.

Bei so einer virtuellen Begehung können Experten aus verschiedenen Bereichen gemeinsam den Tatort nochmal anschauen und sich auf Spurensuche machen - etwa Sachverständige für Schusswaffen und Blutspurenverteilungsbilder. Und: So etwas funktioniert im Zweifel auch noch Jahre nach einem Verbrechen, zum Beispiel wenn sich plötzlich ein Zeuge meldet. Die Ermittler können dann sogar nachvollziehen, ob der Zeuge das Geschehen von dem genannten Ort aus wirklich gesehen haben kann oder ob vielleicht ein Baustellenschild oder eine Hecke im Weg war.

So lässt sich dann beispielsweise auch erkennen, wo genau ein Opfer stand - oder ob es schon am Boden lag, als der Täter schoss. »Sowas ist dann zum Beispiel für das Strafmaß relevant«, erklärt Knapp. Was in der Ermittlerarbeit noch sehr selten ist, ist in anderen Bereichen schon deutlich weiter verbreitet. So kommt die CAVE-Technik beispielsweise in der Autoindustrie oder in der Stadtplanung zum Einsatz.

In dem Fall, den die Ermittler nun präsentierten, hat die Technik Antworten geliefert. Die Blutspritzer an den Küchenschränken lassen sich in ihrer »Laufbahn« nachvollziehen: Das Opfer wurde direkt an der Spüle mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Sogar die Größe des Täters lässt sich ermitteln und der Winkel, in dem er zugeschlagen haben muss.

© dpa-infocom, dpa:230306-99-851771/5