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Porsche soll am 29. September an die Börse

Erst waren die Termine vage geblieben, jetzt dürfte es kaum ein Zurück geben: VW hat den Angebotsbeginn und Preiskorridor für die Aktien der Porsche AG festgelegt. Der Börsengang ist damit wohl nur Formsache - und sorgt für Erleichterung an den Finanzmärkten.

Porsche AG - Börsenhandel ab Ende September angestrebt
Das Logo von Porsche steht vor dem Porsche Museum am Stammsitz des Autoherstellers. Foto: Bernd Weißbrod
Das Logo von Porsche steht vor dem Porsche Museum am Stammsitz des Autoherstellers.
Foto: Bernd Weißbrod

Die Porsche AG soll am 29. September an die Börse gehen. Ab dann wird die Volkswagen-Tochter aus Stuttgart aller Voraussicht nach einen Teil ihrer Vorzugsaktien frei am Finanzmarkt handeln lassen. Dies beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat des VW-Konzerns nach Sitzungen am Sonntagabend. Bei der Marktkapitalisierung für Porsche wird nun ein Wert zwischen 70 und 75 Milliarden Euro anvisiert. Das ist weniger als vor den jüngsten Börsenturbulenzen erwartet worden war, aber im Rahmen dessen, was Analysten zuletzt in etwa prognostiziert hatten.

Dass der Börsengang nun trotz der angespannten Lage an den Finanzmärkten durchgezogen werden soll, sorgte am Montag zunächst für Erleichterung bei Anlegern. Die Papiere der Konzernholding Porsche SE stiegen deutlich, die VW-Vorzugsaktien legten leicht zu.

Die Porsche-Papiere sollen nun in einem Korridor zwischen 76,50 und 82,50 Euro pro Stück angeboten werden. Insgesamt werden knapp 114 Millionen Aktien ausgegeben. Darin enthalten sind fast 15 Millionen Papiere für eine mögliche Mehrzuteilung, wie der Mutterkonzern VW mitteilte. Erwartet wird ein Bruttoerlös für Volkswagen von 8,71 bis 9,39 Milliarden Euro. Die VW AG plant aus den Einnahmen weitere Milliarden-Investitionen in Elektromobilität und Digitales.

Für den Börsenstart in Frankfurt hatten die Wolfsburger und die Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) bisher allgemein Ende September bis Anfang Oktober angepeilt. Ein konkreter Tag war zunächst nicht genannt worden - die Entscheidung zum Gang aufs Parkett stand wegen der angespannten weltwirtschaftlichen Lage noch unter Vorbehalt. Vor zwei Wochen fiel dann der grundsätzliche Beschluss.

An diesem Dienstag (20.9.) soll die Zeichnungsfrist für die Porsche-Vorzüge beginnen. Sie geht bis einen Tag vor dem Börsengang, sofern die Finanzaufsicht Bafin den Wertpapierprospekt genehmigt. Auch Privatanleger in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und Spanien sollen einen Teil davon erwerben können.

Das Grundkapital der Porsche AG wurde bereits zur Hälfte in stimmrechtslose Vorzugs- und stimmberechtigte Stammaktien aufgespalten. Bis zu ein Viertel der Vorzüge - also in etwa ein Achtel aller Anteile - sollen in den Verkauf gehen.

Gleichzeitig bekommt die PSE 25 Prozent plus eine Aktie der Stämme, über eine Sperrminorität hat sie damit Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Auch dieser Schritt ist nun fest vereinbart: Der Aufsichtsrat der PSE stimmte einem entsprechenden Kaufvertrag zu. Je nach Gestalt der endgültigen Konditionen am Tag des Börsengangs der Vorzüge kalkulieren VW und Porsche-Holding für das Geschäft mit den Stammaktien brutto 9,36 bis 10,10 Milliarden Euro an Erlös ein. Enthalten ist hier ein Preisaufschlag von 7,5 Prozent zu den Vorzügen.

Insgesamt soll es durch die Neustrukturierung 911 Millionen einzelne Wertpapiere geben - eine Art Werbegag, mit dem Porsche auf sein wohl bekanntestes Modell, den 911er, anspielt. Das operative Geschäft mit weiteren Baureihen wie dem Cayenne, Macan, Panamera oder Taycan ist in der AG gebündelt. Dagegen hält die von den Familien Porsche und Piëch kontrollierte PSE die Mehrheit der Stimmrechte in Wolfsburg.

Die meisten Vorzugsanteile dürften nicht an kleine, sondern an institutionelle Großanleger gehen. So will sich Katar laut VW mit knapp 5 Prozent eindecken. Das Golf-Emirat ist schon drittwichtigster Aktionär des Gesamtkonzerns. Ein weiterer Ankerinvestor des Porsche-Börsengangs ist der norwegische Staatsfonds, in dem die Zentralbank in Oslo die Einnahmen aus den Öl- und Gasvorkommen des Landes verwaltet und für künftige Generationen mehren will. Daneben steigen die US-Fondsgesellschaft T. Rowe Price und die staatliche Investmentgesellschaft ADQ aus Abu Dhabi bei den Stuttgartern ein.

Die Schwaben sind in der Wolfsburger Mehrmarken-Gruppe eine Renditeperle. Porsche-Chef Oliver Blume führt seit Anfang September nach dem Ausscheiden von Herbert Diess auch den VW-Konzernvorstand. Kritik an der Doppelfunktion wies das Unternehmen mit Verweis auf seine Transparenz- und Abstimmungsregeln zurück. Diese sollen ausreichen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Ähnliches gelte für VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der ebenso die PSE leitet.

Im Fall eines erfolgreichen Börsengangs soll es im Dezember eine außerplanmäßige Volkswagen-Hauptversammlung geben. Dabei werde vorgeschlagen, eine »Sonderdividende in einem Umfang von 49 Prozent der Brutto-Gesamterlöse aus der Platzierung der Vorzugsaktien und dem Verkauf der Stammaktien Anfang 2023« auszuschütten, erklärte VW. Die Belegschaften sollen ebenfalls profitieren. Der VW-Betriebsrat hob den vereinbarten Bonus von 2000 Euro für jeden Beschäftigten im Haustarif und in Sachsen hervor.

Zumindest indirekt spielen bei einem der größten Börsengänge in Deutschland die Interessen der VW-Großeigner eine Rolle. Dem Porsche/Piëch-Clan wird nachgesagt, wieder mehr direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer mit seinem Namen gewinnen zu wollen. 2008/2009 hatte Volkswagen eine Übernahmeattacke des damaligen Porsche-Managements abwehren können. Die Niedersachsen drehten am Ende den Spieß um und schluckten ihrerseits die profitable Tochter. Beide Familien bekamen im Gegenzug die Mehrheit an dem Autoriesen.

Dass die Notierung kurzfristig doch noch abgeblasen werden könnte, erscheint nun zunehmend unwahrscheinlich. Dem Vernehmen nach gibt es aber eine Mindest-Bewertungsschwelle, die VW auf jeden Fall erreichen will.

© dpa-infocom, dpa:220919-99-813307/4