Die Team-Ansprache auf dem Clubgelände will er noch selbst halten, dann wird sich Pellegrino Matarazzo ein Plätzchen irgendwo im Stadion suchen. Ohne seinen gesperrten Cheftrainer kämpft der VfB Stuttgart am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC Schalke 04 um den ersten Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga. Der erst am Donnerstag verpflichtete Stürmer Serhou Guirassy dürfte dann auch schon im Kader der Schwaben, laut Matarazzo aber noch nicht in der Startelf stehen. Die Frage, wer vorne aufläuft, ist knifflig. Der Coach muss wieder improvisieren - nicht nur bei seiner Platzwahl.
»Ich habe lange überlegt, ob ich mal für ein Spiel Fritzle werde«, scherzte Matarazzo am Freitag auf die Frage, von wo aus er die Partie verfolgen werde. »Dann hätte ich ein gutes Versteck und wäre sehr nahe an der Mannschaft und kurz vor Spielbeginn sogar im Kreis.« Fritzle ist das Maskottchen des VfB. Doch der 44-jährige Matarazzo, der im Spiel beim 1. FC Köln (0:0) am vergangenen Sonntag wegen Meckerns Gelb-Rot gesehen hatte, schlug auch ernste Töne an.
»Ich glaube, dass ich in den letzten Wochen und Monaten immer schärfer gegenüber Schiedsrichtern aufgetreten bin«, so Matarazzo. Es sei daher »möglicherweise nur eine Frage der Zeit« gewesen, »bis so etwas passiert«. Auch wenn Emotionen zum Fußball dazu gehören, müsse er vielleicht »ein bisschen Druck rausnehmen«, erklärte der Trainer.
Gegen Schalke darf Matarazzo ab 30 Minuten vor Anpfiff und bis 30 Minuten nach Abpfiff keinen Kontakt zur Mannschaft aufnehmen. Er habe aber »vollstes Vertrauen«, dass seine Assistenten die Situation »hervorragend lösen« würden, so der Italo-Amerikaner, der schon in der Vorbereitung zwei Testspiele wegen eines positiven Corona-Tests verpasst hatte. Michael Wimmer übernimmt voraussichtlich wieder eher die emotionale, Michael Kammermeyer eher die analytische Rolle.
Zu lösen hat das Stuttgarter Trainerteam auch das Rätsel im Sturm. Luca Pfeiffer ist gesperrt, Torjäger Sasa Kalajdzic unter der Woche zu den Wolverhampton Wanderers nach England gewechselt. Nachfolger Guirassy, der laut Matarazzo ein »hervorragendes Kopfballspiel hat, in der Box gefährlich ist, Bälle festmachen und auch mitkombinieren kann«, winkt gegen Königsblau wohl maximal ein Einsatz als Joker. Und auch Tiago Tomás kann nach einer auskurierten Mandelentzündung noch »nicht 60 Minuten gehen«, wie Matarazzo vermutet. Als mögliche Option für den Angriff zählte der Coach daher Youngster Lilian Egloff auf.
Fest steht: Der VfB braucht offensiv mehr Durchschlagskraft, um nach drei Unentschieden und einer Niederlage den ersten Liga-Sieg zu schaffen. Davon, dass die Schalker erst zwei Punkte gesammelt und gegen Union Berlin zuletzt eine 1:6-Abfuhr kassiert haben, will sich Matarazzo nicht blenden lassen. Vom Ergebnis her sei es eine »Klatsche« gewesen, leistungstechnisch aber »kein 6:1-Spiel«. Er erwarte einen Gegner mit Zug zum Tor, so der Stuttgarter Trainer. Von wo aus im Stadion er diesen dann auch immer beobachten wird.
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