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Lob und Tadel für Grünen-Pläne zum Ausbau der Geothermie

Durch Bohrungen ausgelöste Erdbeben in Basel oder bei Straßburg haben den Ruf der Tiefengeothermie ramponiert. Die Grünen halten die Alternativ-Energie aus den Tiefen der Erde aber für zukunftsweisend und machen Druck beim Ausbau. Schneller soll es werden, mehr auch.

Tiefengeothermie
Ein Tiefengeothermie-Projekt steht vor blauem Himmel. Foto: Soeren Stache
Ein Tiefengeothermie-Projekt steht vor blauem Himmel.
Foto: Soeren Stache

Die baden-württembergischen Grünen wollen die Geothermie aus ihrem Schattendasein führen und den Ausbau der Bohrungen in der Tiefe im Südwesten vorantreiben. Dabei sollte das Land aus Sicht der Regierungspartei auch Flächen in Wasserschutzgebieten nicht prinzipiell ausschließen. »Wir wollen Baden-Württemberg zu einem Tiefengeothermie-Land machen«, heißt es in einem Positionspapier, auf das sich die Grünen verständigt haben.

Die Tiefengeothermie könne verlässlich klimaneutrale Wärme liefern und damit die Wärmegewinnung aus Kohlekraftwerken ersetzen. Notwendig sei es vor allem, den Oberrheingraben mit seinem zerklüfteten Untergrund zu nutzen, um Erdwärme zu gewinnen.

Auch die grün-schwarze Landesregierung hatte sich bereits auf den Ausbau der Tiefengeothermie verständigt. Aus Sicht der Südwest-Grünen müssen dabei Rohstoffe wie Lithium als »Nebenprodukt« des Einsatzes der Tiefengeothermie gewonnen werden. Lithium wird unter anderem beim Bau von Elektrofahrzeugen benötigt. Außerdem müsse das Land Potenzialkarten erstellen, damit Kommunen und ihre Stadtwerke über eigene Tiefengeothermie-Projekte entscheiden können. Auch das Land stehe in der Verantwortung: Es müssten landeseigene Flächen für den Bau von Anlagen identifiziert und in die Karten eingetragen werden, fordert die Fraktion.

Ähnlich wie bei der Windkraft müssten auch Projekte der Tiefengeothermie deutlich schneller genehmigt werden, die Zahl der Mitarbeitenden in Verwaltung und Umweltministerium muss aus Sicht der Fraktion mit der steigenden Zahl zunehmen.

Höchste Priorität müsse der Grundwasserschutz haben, wenn es um Bohrung und Betrieb gehe. Bohrungen sollten auch in der erweiterten Schutzzone, der besonders oft ausgewiesenen sogenannten Wasserschutzzone III möglich sein. »Vorrangflächen der Regionalplanung für Wasserschutzgebiete dürfen nicht zum Ausschluss von Tiefengeothermie führen«, heißt es im Positionspapier.

Der Fraktionschef der Grünen, Andreas Schwarz, kündigte an, mit der Landesregierung Regelungen anzustoßen, um die Akzeptanz zu vereinfachen und zu erhöhen. Der Ausbau des Wärmenetzes müsse vorangetrieben, versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen für den Fall von Schäden gesetzt werden.

Applaus von den Naturschützern: Geothermie könne vor allem entlang des Rheins helfen, Fernwärmenetze von Steinkohle und Erdgas auf klimafreundliche Technologien umzustellen, sagte Sylvia Pilarsky-Grosch, die Landesvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sie hofft durch die landesweite Erkundung des Untergrunds zudem auf wichtige Daten für die Wärmewende. Der Landesnaturschutzverband, Dachverband von 36 Naturschutzvereinen in Baden-Württemberg, erinnerte zwar an die Ängste angesichts der Schäden. Die Schäden und Erschütterungen seien aber durch andere Bohrtechniken aufgetreten, teilweise auch durch fahrlässiges Vorgehen, sagte der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner.

Die SPD forderte vor allem mehr Tempo: Baden-Württemberg sei bei dem Thema nicht spitze, sondern eher weit hinten, kritisierte der SPD-Energieexperte Gernot Gruber. Es müsse schneller genehmigt, Personalengpässe müssten beseitigt werden. Ein mangelndes Vertrauen in die Branche bemängelte die FDP. Die Regierung habe zuletzt auch Landesbürgschaften für Geothermie-Projekte verweigert, weil es aus ihrer Sicht »unseriöse Bohrprojekte« geben könnte. »Seit Jahren wird der Ausbau von Grün-Schwarz ausgebremst«, kritisierte der FDP-Klimapolitiker Daniel Karrais.

Tatsächlich gibt es bislang in Baden-Württemberg nur ein passendes Geothermiekraftwerk für Strom in Bruchsal, in Pfullendorf versorgen die Tiefbohrungen eine Kaserne mit Wärme. Weitere Vorhaben sind derzeit in Genehmigungsverfahren.

Bei Geothermie wird nach Erdwärme gebohrt, um diese für Strom oder zur Wärmeerzeugung zu nutzen. Nach Angaben des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg unterscheidet man die oberflächennahe Erdwärmenutzung (bis zu 400 Meter Tiefe) und die Tiefengeothermie. Bei dieser wird die Erdwärme aus mehreren Kilometern Tiefe durch das Fördern von Thermalwasser gewonnen. Die Temperatur des heißen Wassers ist deutlich höher als bei der oberflächennahen Geothermie. Sie kann bis zu 160 Grad Celsius betragen.

Derart heißes Thermalwasser eignet sich für die Erzeugung von Strom und Versorgung mit Wärme. Dazu wird das heiße Wasser aus der Tiefe in ein Kraftwerk geleitet. Dort verdampft es und der Dampf treibt Turbinen an. Aus der Bewegung entsteht wiederum Strom.

Durch Bohrungen ausgelöste Erdbeben haben den Ruf der Technologie allerdings lange ramponiert, die Fronten sind verhärtet. In vielen Orten in der deutsch-französischen Tiefebene gibt es bereits Bürgerinitiativen gegen den Bau neuer Werke. Nach Überzeugung des Landesamtes lässt sich Tiefengeothermie am Oberrhein allerdings vergleichsweise sicher gewinnen. Es findet sich dort heißes Wasser bereits in geringen Tiefen.

Ab etwa zwei Kilometern unter der Erdoberfläche hat das Wasser schon eine Temperatur von bis zu 100 Grad Celsius. Das heißt, es muss nicht so tief wie an anderen Orten gebohrt werden, um heißes Wasser an die Oberfläche zu befördern. Aus Sicht der Grünen sind bei dieser Art der Tiefengeothermie Schäden praktisch ausgeschlossen.

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