Karlsruhe (dpa/lsw) - Digitalisierung und Automatisierung der Gesellschaft müssen nach Überzeugung von Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh Grenzen respektieren. Das gelte etwa bei der permanenten Überwachung von Demenzpatienten. »Ich halte das nicht für angemessen. Es gibt ein Geheimnis, auch ein dementer Mensch sollte die Freiheit haben, für sich zu sein und nicht wahrgenommen zu werden«, sagte der 62 Jahre alte Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden der Deutschen Presse-Agentur.
Die Digitalisierung werde nur dann gelingen und menschenfreundlich sein, wenn sie genau mit diesen Grenzen zu leben lerne. »Das ist ein sehr bedeutendes Thema für die Kirche, denn es ist das, was die Würde des Menschen ausmacht.«
Eine wichtige Frage sei, inwieweit man zum Beispiel in der Pflege menschliche Kontakte durch automatisierte Abläufe ersetze. »Der unmittelbare Kontakt zu den Menschen - die Berührung, das Handhalten - ist nicht einzuholen durch eine Maschine.« Entscheidend sei, ob ein älterer Mensch, der immer stärker eingeschränkt sei, das Gefühl habe, trotzdem wahr- und ernstgenommen zu werden, oder ob er nur gut in den Tagesablauf passen solle. »Das finde ich schon einen grundlegenden Unterschied.«
Menschliche Zuwendung sei die Schlüsselfrage. »Das wird sich aus meiner Sicht nicht über künstliche Intelligenz lösen lassen«, sagte der Landesbischof. Für ihn stelle sich auch die Frage, ob Pflegeroboter menschenähnlich sein sollten. Möglicherweise wäre das gerade nicht gut und die Unterscheidbarkeit zwischen echten Menschen und Robotern wichtig.
Mit Blick auf den Einzug künstlicher Intelligenz in die Arbeitswelt sagte Cornelius-Bundschuh, es sei gut, wenn Arbeitnehmer bei bestimmten Tätigkeiten entlastet würden. Es dürfe aber nicht sein, dass Menschen keine Erfahrungen von Selbstwirksamkeit mehr machten, sondern nur noch Teil eines von künstlicher Intelligenz bestimmten Ablaufs seien.
»Dieses halte ich für einen Irrweg. Auch in der Produktion müssen wir dafür einstehen, dass Menschenwürde gewahrt bleibt, dass Menschen Verantwortung für ihre Arbeit haben.« Die Menschen müssen seiner Überzeugung nach das Gefühl behalten, ihre Wirklichkeit zu gestalten. »Das halte ich für einen Schlüssel für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Wenn Menschen das Gefühl haben, nur noch Versorgungsfälle zu sein, dann ist das richtig riskant.«